© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/11 15. April 2011

„Ende mit Schrecken“
Rettende Warnung oder pure Panikmache? Drei Bestsellerautoren haben sich zusammengetan und gemeinsam ein Buch geschrieben, das den Weg in den Euro-Kollaps und das Chaos des „Crashs“ beschreibt sowie zum Überleben in der Krise anleitet.
Moritz Schwarz

Herr Grandt, schon wieder ein Buch, das den „Crash“ vorhersagt?

Grandt: Ich war einer der ersten, der den Staatsbankrott verschiedener europäischer Staaten vorausgesagt hat. Die Ereignisse haben meine damaligen Thesen inzwischen bestätigt. Das neue Buch ist die logische Fortführung des Themas. Es stimmt, daß es noch andere warnende Titel gibt. Dennoch hat sich politisch bisher nichts geändert. Fazit: Offenbar gibt es nicht zu viele, sondern immer noch zu wenig warnende Bücher! Den meisten Bürgern mangelt es noch immer an Aufklärung.

Gut, aber ich habe schon drei von der Sorte im Regal stehen.

Grandt: „Europa vor dem Crash“ versammelt allerdings erstmals drei Bestsellerautoren unter einem Dach, die jeweils zu ihrem Spezialgebiet schreiben und damit alle drei entscheidenden Bereiche des kommenden Crashs abdecken, so wie sie auch in der Realität auftreten werden: Nämlich erstens der Kollaps unseres Finanzsystems, zweitens die daraus sich ergebende soziale Krise und die darauf wiederum folgende Krise der multikulturellen Gesellschaft sowie drittens die Frage, wie wappne ich mich, um mich und meine Familie dann in dieser Katastrophensituation zu schützen. Nicht umsonst haben wir fast auf Anhieb Platz 47 der Spiegel-Bestsellerliste belegt.

Trotz Griechenland, Irland, Portugal, Fukushima und Krisen in der arabischen Öl-Region erwartet Deutschland ein Wachstum von 2,8 Prozent und sinkende Arbeitslosigkeit. – Was wollen Sie eigentlich?

Grandt: Sachte, sachte, Herr Schwarz! Selbst wenn wir mal davon absehen, daß über eine Million Arbeitslose aus der Statistik herausgerechnet sind, Konjunktur muß man langfristig betrachten: Nehmen Sie etwa die Entwicklung der letzten drei Jahre. Dann sind wir im Durchschnitt schon bei nur noch 0,6 Prozent Wachstum, denn 2009 etwa hatten wir ein Minus von 4,7 Prozent und das müssen wir erstmal aufholen. Tatsächlich sieht die Lage also ganz anders aus, als es uns die Bundesregierung und die Schlagzeilen der meisten Medien suggerieren.

Wie ist die Lage aus Ihrer Sicht tatsächlich?

Grandt: Nicht nur unsere Sozialsysteme stehen vor einer dramatischen Krise, unser zentrales Problem ist die fast hoffnungslose Verschuldung der öffentlichen Hand. Die Inflation steigt, hat sich in einem Jahr sogar verdoppelt und wird weiter zunehmen. Wenn wir keine neuen Schulden machen wollen, brauchen wir ein konstantes Wachstum von 1,5 Prozent. Wir haben aber in den letzten Jahren, wie gesagt, nur durchschnittlich 0,6 Prozent gehabt – es reicht also hinten und vorne nicht! Wollen wir gar wieder die Kriterien des EU-Stabilitätspaktes erreichen – eine Schuldenquote von sechzig Prozent –, dann müßten wir sogar im Durchschnitt um 4,2 Prozent wachsen!

Der „Crash“ wird sich also in drei Akten vollziehen. Erster Akt: Der Finanzkollaps, für den Sie im Buch „zuständig“ sind.

Grandt: Alles beginnt damit – und in dieser Phase befinden wir uns derzeit –, daß unsere Schulden immer weiter steigen. Das hat zwei Gründe: unsere eigene zu hohe Verschuldung und der verantwortungslose Umgang damit sowie die Tatsache, daß Deutschland inzwischen so etwas wie der Zahlmeister der Welt ist, indem es über EU, IWF und Weltbank zur Kasse gebeten wird. Dadurch steigen die Zinsen für unsere Kredite, wodurch sich unsere Bonität verschlechtert. Der Staat muß schließlich mit Steuererhöhungen und sozialen Einschnitten reagieren. Doch das wird dann bereits nicht mehr ausreichen. Schließlich – so etwa in zehn bis fünfzehn Jahren – gibt es nur noch eine Rettung: eine Währungsreform, die gleichzeitig das Ende des Euro bedeutet. Das ist dann der Crash, von dem wir sprechen. Das heißt: Der Staat entschuldet sich auf Kosten der Bürger! Und das ist noch das günstigste Szenario. Denn lieber ein solches Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende: Ohne einen solchen Schnitt, wie katastrophal er für den einzelnen von uns auch sein mag, würde unser Wirtschafts- und Finanzsystem völlig in Agonie versinken.

Im Buch sagen Sie den Zusammenbruch Portugals voraus. Kaum ist das Buch erschienen, ist es nun soweit.

Grandt: Soviel zum Vorwurf unserer Kritiker, die uns gerne als „Crash-Propheten“ abgetan haben. Wobei dies wohl keine Frage von großer Voraussicht war, sondern vielmehr eine Frage des Schneids, diese Erkenntnis auch auszusprechen. Denn daß Portugal von den meisten schöngeredet wurde, lag weniger an einem Mangel an Kompetenz, als an einem Mangel an Mut und Ehrlichkeit. 

Aber warum wird aus dem Finanzkollaps eine Krise des sozialen Friedens?

Grandt: Das ist eben genau die ganzheitliche Sicht, die Sie in anderen Büchern so nicht finden: Da der Staat sich auf Kosten der Bürger entschuldet, wird der Kollaps die Bürger massiv treffen. Wir alle werden also erheblich an Vermögen, Rücklagen und Kaufkraft einbüßen, was wiederum die Wirtschaft schwer treffen wird. Auch angelegtes Geld, etwa in Lebensversicherungen oder Bausparverträgen, wird abgewertet und so trifft es auch den Finanzsektor – keine Branche wird verschont bleiben! Infolge dessen werden soziale Unruhen auftreten, wie zum Teil ja schon vor allem in Griechenland zu sehen. Aber das ist eine Frage, die Sie eigentlich besser Udo Ulfkotte stellen sollten. 

Herr Dr. Ulfkotte, warum mündet der Finanzkollaps in eine Sicherheitskrise? 

Ulfkotte: Schauen Sie nach Nordafrika, dann sehen Sie, was passiert, wenn Leute keine Zukunftsperspektive haben.

Kann man uns mit Nordafrika vergleichen?

Ulfkotte: Als Grund für den Aufstand in Tunesien wurde etwa die hohe Jugendarbeitslosigkeit angeführt. Diese liegt in Deutschland zwar noch bei „nur“ zwölf, in Spanien aber schon bei 32 Prozent! Was, wenn erst Spanien bankrott ist und schließlich auch die EU und die jungen Leute ins Nichts fallen? Aber Sie haben recht, bei uns wird es wohl noch schlimmer werden als in Tunesien.

Warum das?

Ulfkotte: Ich verweise etwa auf den USA-Korrespondenten des Manager Magazins Markus Gärtner, der auf seinem privaten Blog schreibt, wohl dem, der ein eigenes Grundstück mit eigener Wasserversorgung besitzt. Oder auf den Wirtschaftsprofessor Max Otte, der als einer der Propheten der Krise von 2008 gilt, und sagt, er habe inzwischen vorsorglich den Jagdschein gemacht und ein Stück Ackerland gekauft. Auf den Wirtschaftswissenschaftler Dirk Meyer an der Bundeswehruniversität Hamburg, der vor der „Gefahr eines chaotischen Zerfalls“ warnt. Ich zitiere die französische Tageszeitung La Tribune, die von einer kommenden „Revolte der Bürger“ schreibt, die durch ganz Europa zieht. Ich zitiere EU-Kommisionspräsident Barroso, der 2010 laut englischer Presse vor „apokalyptischen“ Zuständen in der EU, dem „Kollaps“ der Demokratie und einer möglichen „Rückkehr der Diktatur“ in Europa gewarnt hat. Die Armeeführung der Schweiz denkt gar bereits über Einsätze im Inneren nach, die Basler Zeitung berichtet darüber unter der Überschrift „Armee fürchtet Unruhen in Europa“.

Kritiker werfen Ihnen vor, Konjunkturritter in Sachen „Crash“ zu sein.

Ulfkotte: Wer das meint, der soll konsequenterweise auch keine Tsunami-Warnungen hören, wenn er an die Küste fährt und keine Erdbeben-Warnungen, wenn er in Japan Urlaub macht. „Immer lustig und vergnügt, bis der Arsch im Sarge liegt“, sang Udo Lindenberg einst. 

Den zweiten Akt des „Crash“-Szenarios schildern also Sie: wie aus dem Finanzkollaps ein Gesellschaftskollaps wird.

Ulfkotte: Ist der Staat pleite, verfällt die sozialstaatliche Ordnung. Dann bricht auch das multikulturelle Experiment zusammen, beides verbindet sich, und das Resultat ist der Zusammenbruch der inneren Ordnung. Unvorstellbar? Gaga? Bitte erinnern Sie sich, was alles Unmögliches in den letzten zwanzig Jahren passiert ist, der Fall der Mauer, der 11. September, Fukushima. Laut EU war auch die Übernahme der Schulden bankrotter Staaten unvorstellbar, und jetzt leben wir bereits in einer Transferunion! Wie schnell und dramatisch die Ordnung auch in westlichen Ländern zusammenbrechen kann, haben wir 2005 im Fall des Wirbelsturms Katrina gesehen.

Was hat das mit Multikulti zu tun?

Ulfkotte: Integration kostet. Wer aber zahlt, wenn alle pleite sind? Folge: Integration stockt, wird rückläufig, konkret: Parallelgesellschaften und multikulturelle Spannungen nehmen zu. Aber das ist noch nicht alles: Wenn Integration die Energie ist, die man aufwenden muß, damit sich Einwanderer auf unsere Gesellschaft zubewegen, dann darf man nicht vergessen, daß das Gegenteil nicht Null ist, sondern Desintegration, also die Tendenz, daß sich Einwanderer von unserer Gesellschaft entfernen. Selbst wenn keine Integration stattfindet, bedarf es also Energie – sprich Ausgaben –, um Desintegration zu verhindern. Es bedarf sozialstaatlicher Leistungen, um Einwanderer wenigstens „ruhigzustellen“. Sind wir pleite, gibt es also nicht nur keine Integration mehr, es beginnt die Desintegration. Und die Polizeigewerkschaften sagen heute schon, daß angesichts der Finanzlage der Polizei die innere Sicherheit nicht mehr gewährleistet werden kann. Ich warne Sie also davor, zu glauben, die Polizei könne den einfachen Bürger dann noch schützen.

Das führt zum dritten Teil Ihres Buches.

Ulfkotte: Für den Gerhard Spannbauer zusammengetragen hat, was man „wissen muß, um sich und seine Familie zu schützen“, wie der Untertitel lautet. 

Herr Spannbauer, was muß man tun?

Spannbauer: Zunächst muß man erkennen, daß unser Geldsystem irreparabel zerstört ist und an einem Crash kein Weg vorbeiführt. Jeder sollte sich umfassend vorbereiten, falls er sich nicht bald zu den großen Verlierern zählen will.

Ist es wirklich erforderlich, Lebensmittel zu bunkern und Haus und Hof zu sichern?

Spannbauer: Auf jeden Fall. Denn das moderne „Just-in-time“-System kennt kaum Vorratshaltung und die Menschen sind auf einen Einbruch denkbar schlecht vorbereitet. Was passiert, wenn die Banken einige Tage schließen und kurz darauf die Geschäfte leer sind? Wer verfügt über einen Bargeldvorrat, um Ausgaben für einige Wochen zu bestreiten? Wer hat Lebensmittel, um etwa 14 Tage autark zu leben, wie es das Bundesamt für Zivilschutz empfiehlt? In solch einem Moment herrscht Panik und Durcheinander und dem folgen rasch Plünderungen und Überfälle.

Auch während der schlimmsten Krise zur Zeit der Weimarer Republik ist die öffentliche Ordnung nicht zusammengebrochen.

Spannbauer: Erstens stimmt das nicht und zweitens sieht die heutige Welt anders aus. Alles ist globalisiert und unsere Versorgung ist von vielen, weit entfernten Partnern abhängig. Die Menschen verfügen kaum noch über nennenswertes Wissen zur Selbstversorgung. Die Bürger sind verschuldet, über ein Drittel sind von staatlichen Zuwendungen abhängig. Dazu kommen eine hohe Anzahl an zugewanderten Menschen.     

Bestimmt empfehlen Sie, Gold zu kaufen?

Spannbauer: Das ist nur ein Teil meines Vorsorgekonzepts. Alle, die weiterhin nur an finanzielle Absicherung denken, werden rasch an ihre Grenzen stoßen. Gold und Silber kann man nicht essen. Eine Kette reißt am schwächsten Glied und daher sollte jeder umfassend vorsorgen. Von der Sicherung des Einkommens, über die Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit sowie die Rettung der Ersparnisse, bis zu persönlichen Vorräten, Maßnahmen für die eigene Sicherheit und zu guter Letzt die Verbesserung der mentalen Fähigkeiten. Mit diesem Konzept ist man sicher, egal was passiert. Jede Krise bringt auch Gewinner hervor, und durch gute Vorbereitung wird man das Kommende besser verkraften.   

Hat die Krise nicht auch ihr Gutes, denn hinterher bin ich entschuldet!

Spannbauer: Die Entschuldung wird so nicht funktionieren, da der Abbau der Schulden mit der Vernichtung von Guthaben und einem starken wirtschaftlichen Einbruch einhergeht. Ich gehe davon aus, daß unser Wohlstandsgefälle deutlich zunehmen wird.

Als Kleinverdiener, Rentner oder Arbeitsloser kann ich mich doch gar nicht vorbereiten, weil mir die Mittel fehlen.

Spannbauer: Jein. Einerseits stimmt das, weil etwa Harz-IV-Empfänger gar keine Vorräte haben dürfen. Andererseits verfügen gerade diese Menschen über ein sehr wertvolles Gut: sehr viel Zeit. Sie können sich wertvolles Wissen aneignen, neue Fertigkeiten erlernen, sich neu ausrichten oder mit anderen Qualifikationen wertvoll einbringen. 

Die Politik wird im Ernstfall schon irgend etwas unternehmen. Es kann doch nicht sein, daß man in einem Land wie Deutschland auf sich allein gestellt ist? 

Spannbauer: Das scheint aus jetziger Sicht tatsächlich weit hergeholt zu sein. Der Ruf nach einem starken Staat oder einem Heiland wird kommen. Jedoch haben die Politiker wegen leerer Kassen, exorbitanter Schuldenberge und der darbenden Wirtschaft nur äußerst begrenzte Möglichkeiten. Der Staat selbst produziert und verdient nichts, kann sich also nur an Arbeitsleistung und Vermögen der Bürger bedienen. Ob Sie es akzeptieren mögen oder nicht, stellen Sie sich besser darauf ein, daß Sie sich selbst aus dem Schlamassel retten müssen.

 

Drei Bestsellerautoren versammelt der eben bei Kopp erschienene Band „Europa vor dem Crash. Was Sie jetzt wissen müssen, um sich und Ihre Familie zu schützen“. Der Publizist Michael Grandt, Jahrgang 1963, hat den ersten Teil über den Weg in den EU-Finanzinfarkt übernommen. Grandt wurde vor allem durch sein Buch „Der Staatsbankrott kommt“ bekannt, das sich 2010 wochenlang hochplaziert in den Verkaufslisten von Spiegel, Stern, Focus, Handelsblatt und Manager Magazin hielt. Der Politologe und ehemalige FAZ-Redakteur Udo Ulfkotte, Jahrgang 1960, beschreibt im zweiten Teil das Europa nach dem Kollaps. Ulfkotte ist bekannt als Autor von Büchern wie „So lügen Journalisten“ oder „SOS Abendland“, vor allem aber sein Buch „Der Krieg in unseren Städten“ sorgte 2003 für Schlagzeilen. Dem Unternehmer, Krisenberater und Publizisten Gerhard Spannbauer, Jahrgang 1964, fällt der dritte Teil über das Überleben in der Krise zu. Bekannt wurde er vor allem durch sein Buch „Finanzcrash. Die umfassende Krisenvorsorge“.

 www.michaelgrandt.de  www.ulfkotte.de  www.krisenvorsorge.com

 

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