© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/11 15. April 2011

„Philipp Rösler war als Schüler ein Heckenschütze“
„Kampf gegen Rechts“: Der künftige FDP-Vorsitzende hat einst versucht, einen seiner Lehrer, der für die Republikaner kandidierte, von der Schule zu jagen
Marcus Schmidt

Herr Wruck, der künftige FDP-Vorsitzende Philipp Rösler gibt an, er sei aus Protest gegen einen seiner Lehrer, der bei den Republikanern war, in die Politik gegangen. Dieser Lehrer waren Sie. Was ist damals passiert?

Wruck: Ich hatte Philipp Rösler vor 1991 in der Oberstufe der Lutherschule in Hannover eine Zeitlang im Fach Sport unterrichtet. Als ich im Herbst des Jahres für die Republikaner in den Stadtrat von Hannover gewählt wurde, agitierte Rösler meiner Erinnerung nach zusammen mit einigen anderen Schülern und einem Altschüler gegen mich und sorgte für eine Schülerversammlung, um gegen mein politisches Engagement bei den vermeintlich rechtsextremen Republikanern zu protestieren und zu erreichen, daß ich von der Schule entfernt werde.

Wie war die Stimmung an der Schule?

Wruck: Unter den Kollegen war die Entrüstung teilweise groß, und der Personalrat hat versucht, mich auszugrenzen. Andere drückten mir leise ihre Sympathie aus. Auch der Elternrat stellte sich partiell gegen mich. Aber der Schulleiter, dessen Situation schwierig war, hat sich mir gegenüber korrekt verhalten und betont, mein politisches Engagement sei rechtlich nicht zu beanstanden. Im übrigen war an der Schule längst bekannt, daß ich seit 1989 Mitglied der Republikaner war. Die Schülerschaft war gespalten. Etliche haben auch für mich Partei ergriffen. Ein iranischer Schülersprecher etwa sagte damals gegenüber der Presse, er sei als Ausländer über die Republikaner nicht froh, aber ich sei einer der besten Lehrer, die er je gehabt habe. Andere wiesen darauf hin, daß ich nie versucht hätte, Schüler im Unterricht politisch zu beeinflussen.

Hatte Rösler Erfolg?

Wruck: Damals nicht. Aber er und seine Mitstreiter haben immerhin erreicht, daß der damalige niedersächsische Kultusminister Rolf Wernstedt (SPD) in die Schule gekommen ist und in der Sporthalle vor etwa 1.000 Schülern und Lehrern eine Rede über Toleranz gehalten hat. Ich habe mich danach beim Minister vorgestellt und gesagt: „Ich bin der Grund, warum Sie heute hier sind.“ Er hat das natürlich abgestritten und gesagt, sein Besuch sei nicht gegen mich gerichtet.

Hat Ihnen der Protest geschadet?

Wruck: Langfristig nicht, ich bin bis zu meiner Pensionierung im Jahr 2007 an der Schule geblieben und wurde sogar 2006 damit beauftragt, die Festschrift zum 100. Schuljubiläum zu erstellen. Aber es war damals schon eine Belastung für mich und meine Familie, vor allem, weil die Diskussion um meine Person auch durch die Presse ging. Ich hatte aber das gute Gefühl, politisch das Richtige zu tun, im Einklang mit der Verfassung zu sein und zu Unrecht attackiert zu werden.

Tragen Sie es Philipp Rösler nach, daß er gegen Sie protestiert hat?

Wruck: Nein, ich halte ihm seine damalige Jugend zugute. Er und seine Mitschüler wollten sich profilieren. Wahrscheinlich hat sich Rösler auch aufgrund seiner Herkunft aus Vietnam persönlich betroffen gefühlt. Ich hätte mir allerdings gewünscht, daß Rösler und seine Freunde direkt mit mir gesprochen hätten, anstatt als Heckenschützen auf mich zu zielen. Diese Aktion war als Mittel des demokratischen Meinungskampfs indiskutabel. Und sie war antiliberal.

Wie denken Sie heute über Philipp Rösler?

Wruck: Ich habe ihn als einen umgänglichen jungen Mann kennengelernt. Doch ich habe meine Zweifel, ob er heute seinen politischen Ämtern tatsächlich gewachsen ist. Er ist wohl die Treppe eher hinaufgefallen. Aber es erheitert mich schon ein bißchen, daß Philipp Rösler meinetwegen in die Politik gegangen ist. Ich denke mir: So ganz unbedeutend kann ich dann ja nicht gewesen sein.

 

weitere Interview-Partner der JF

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen