© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/11 15. April 2011

Die rote Katze im grünen Jutesack
Parteiensystem: Wer grün wählt, bekommt zum politischen Wohlfühlfaktor jede Menge knallharte linke Ideologie
Kurt Zach

Wahlprogramme liest ja doch kein Mensch. Welch ein Glück für Winfried Kretschmann: Hätten ein paar mehr Baden-Württemberger nicht nur die rundgeschliffenen Wahlkampfprospekte gelesen, sondern das ganze Programm, wäre er vielleicht doch nicht der erste grüne Ministerpräsident geworden. Hinter dem gut katholischen, dem Vereinsleben zugetanen Spitzenkandidaten tummelt sich nämlich wie eh und je viel linke Ideologie, die seit Jahrzehnten bemerkenswert konstant zum grünen Eingemachten gehört.

Was jetzt im aktuellen Fall für Baden-Württemberg gilt, ist bei den Grünen auch deutschlandweit zu beobachten. Hinter der von den Medien vermittelten Fassade der liberalen grünen  Wohlfühlpartei steckt knallharte linke Ideologie. Der rote Faden ist leicht zu finden: Multikulturalismus und Einwanderung ohne Grenzen, Bildungs- und Geschlechter-Gleichmacherei, der stete Ausbau der Sozialindustrie, in der man sich selbst so behaglich eingerichtet hat – und natürlich jede Menge volkspädagogische Umerziehungs- und Indoktrinierungsprojekte, die den eigenen Ideologiekanon den Menschen schon von klein auf in die Köpfe träufeln sollen.

„Vielfalt“ wird großgeschrieben, gilt aber nur für Eingewandertes und Exotisches, für ausgefallene sexuelle Vorlieben und natürlich für alles, was links steht. Ein harmloser konservativer Verein wie das Studienzentrum Weikersheim ist dagegen im baden-württembergischen Landtagswahlprogramm immer noch eine eigene Kampfansage wert. Der Kampf gegen Extremismus wird natürlich auch nur „rechts“ geführt. Da finden sich in allen Programmen ausführliche Manifeste mit vielen neuen sozialindustriellen Projekt-ideen. „Rassismus, Antisemitismus, Islamhaß und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ wollen die Berliner Grünen „in der Mitte der Gesellschaft“ bekämpfen und dafür „alle Senatsverwaltungen und Dienststellen“ mit einbeziehen; wer vom Islam nicht so begeistert ist, wird sich in Berlin noch wärmer anziehen müssen.

Über den Linksextremismus halten die Grünen dagegen gern eine schützende Hand; die „Gleichsetzung mit dem Rechtsextremismus“ lehnen sie ab. Kretschmanns Parteifreunde etwa wollen „nicht zulassen, daß der Begriff ‘Linksextremismus’ pauschal und politisch motiviert auf kritische und engagierte BürgerInnen, zivilen Ungehorsam, friedliche Demonstrationen oder Bündnisse gegen Rechts angewandt wird“ – die kritische und engagierte „Antifa“ wird’s ihnen danken und gern auch mal autonom und handfest mit anpacken beim Kampf gegen die „Gentrifizierung“, den die Berliner Grünen „im Rahmen der Stadtentwicklung“ führen wollen. Im Klartext heißt das: durch Gängelung und Bevormundung der Eigentümer. Hinter all den soziologendeutschen Wortgirlanden von „Dialog“ und „Transparenz“ steckt dann doch wieder nur der alte Gouvernantenstaat, der alles besser weiß, sich überall einmischt, aber wenigstens verspricht, seine Mündel freundlich an die Hand zu nehmen.

 

Hauptsache Randgruppen

Mit Normalo-Familien können grüne Strategen wenig anfangen. Ohnehin ist nach grüner Lesart alles Familie, wo Kinder herumspringen. Mehr als die immer noch dominierende Familienform – Vater, Mutter und eigene Kinder – interessieren dabei die Randgruppen: „Patchworkfamilien“ und gleichgeschlechtlichen „Regenbogenfamilien“ gilt das Hauptaugenmerk.

Die „Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern, transsexuellen und intersexuellen Menschen“ ist seit Jahrzehnten ein grünes Leib- und Magenthema – der Katalog ist im Lauf der Jahre immer länger geworden. Damit kann man nicht früh genug anfangen: Die baden-württembergischen Schulen sind „angehalten, unterschiedliche sexuelle Identitäten als etwas Selbstverständliches zu vermitteln und wertneutral zu behandeln. Diese Aufgabe muß in den Bildungsstandards sowie in der Lehrerbildung verbindlich verankert werden.“ Da werden sich viele noch umschauen. Selbst „in Sprach- und Mathematiklehrbüchern ist der Alltag verschiedener Familienformen (also auch von Regenbogenfamilien) abzubilden“. An Berliner Schulen sollen „lesbische, schwule, intersexuelle und transidente Jugendliche (…) angstfrei ihr Coming-out haben können“. Zudem hätten die Grünen gern einen „Nationalen Aktionsplan gegen Homophobie und Transphobie“.

Der traditionelle „Kampf gegen Rechtsextremismus, Behindertenfeindlichkeit, Antisemitismus, Rassismus“ soll dabei nicht zu kurz kommen. „Ganze Regionen sind zu Zonen der Angst geworden, in denen sich Menschen mit anderer Hautfarbe, anderer Sprache, Behinderungen oder auch nur anderer Frisur nicht mehr sicher bewegen können“, lesen wir im Bundestagswahlprogramm von 2009. Klar: Wer seine Bionade in Öko-Mustersiedlungen trinkt und seinem bunten Multikulti-Viertel rechtzeitig vor der Einschulung der Kinder den Rücken kehrt, der muß auch nichts von rechtsfreien Einwandererghettos mitbekommen.

 

Experimentierkasten Schule

Wer die Jugend hat, hat die Zukunft – das wissen alle totalitären Ideologen. Mit den Kindern kann man’s ja machen. Kaum zufällig, daß grüne Programme sich intensiv in die Kinderbetreuungs- und Schulpolitik verbeißen – auch und gerade dort, wo das bestehende gegliederte Schulsystem im Vergleich hervorragend abschneidet. „Eine Schule für alle“ heißt das grüne Patentrezept von Berlin bis in den Südwesten. Denn wo man erst einmal alles zusammenwirft, braucht man um so mehr Betreuungspersonal für die „individuelle Förderung“. Da freut sich die Lehrer- und Sozialpädagogen-Klientel.

Voraussetzung für den optimierten Zugriff auf die Kinder ist die Ganztagsschule. Die wenigsten Grün-Wähler denken wahrscheinlich darüber nach, daß die „rhythmisierte“ Vollzeitschule vielen musisch-kulturellen und sportlichen Aktivitäten außerhalb der Schule und vor allem Vereinen den Garaus macht. Der Staat kann das ja auch viel besser für alle organisieren.

„Länger gemeinsam lernen“ heißt das zweite Dogma: Vom „frühen Sortieren“ würden die Kinder „demotiviert“, Noten und Sitzenbleiben sind natürlich auch des Teufels. Leistung und Wettbewerb als Motivationsfaktoren kommen im grünen Kuschelkosmos nicht vor. Mindestens bis zur 9. Klasse sollen die Kinder „gemeinsam miteinander und voneinander“ lernen. Im Südwesten gibt’s sogar noch ein Jahr drauf, da strebt man die zehnjährige Basisschule an, natürlich erst mal nur dort, wo es „gewünscht“ wird. Dem „Wunsch“ kann man ja durch die Steuerung von Zuschüssen und Bewilligungen nachhelfen.

Für den dritten Glaubenssatz, die „Inklusion“, beruft man sich auf internationale Normen, die nun auch in Deutschland umgesetzt werden sollen. Heißt: Schluß mit dem Sonderschulzwang, jeder, behindert oder nicht, soll jede Schule frei wählen können und dort alle Zuwendung erhalten, die er braucht. Wie das organisiert und finanziert werden soll, bleibt ein grünes Geheimnis.

 

Multikulti über alles

Grün ist die Farbe des Propheten. Das verpflichtet: In den Grünen haben die Islam-Verbände ihren treuesten Lobbyisten selbst für die anmaßendsten Forderungen. Eifrig kämpfen sie gegen „Islamfeindlichkeit“ und für die volle Gleichstellung des Islam mit den Kirchen. Und „selbstverständlich dürfen muslimische Religionsgemeinschaften auch repräsentative Moscheen errichten“ – auch da verteidigen die Grünen die Islam-Verbände gegen alle „Angriffe von Rechts“.

„Integration“ heißt bei den Grünen, ganz wie von den türkischen Lobbyverbänden vorgegeben, vor allem: gesellschaftliche und politische Teilhabe ohne Verpflichtung. Da wird das Füllhorn weit ausgeschüttet: Erleichterung des Familiennachzugs – bekanntlich die wichtigste Ergänzungsquelle für Parallelgesellschaften; die Ehefrauen sollen auch nicht mit Sprachkursen oder anderen Zumutungen malträtiert werden. Illegale Einwanderer sollen vollen Zugang zu Bildungseinrichtungen und Gesundheitsversorgung haben. Dazu noch leichtere Einbürgerung und generelle Zulassung des Doppelpasses. Wer die nachgeworfene Staatsbürgerschaft immer noch nicht will, soll trotzdem durch ein Kommunalwahlrecht für Nicht-EU-Bürger mitbestimmen dürfen. In Baden-Württemberg hätten die Grünen auch gern ein „Landtagswahlrecht für alle“ – je schneller das Staatsvolk ausgetauscht wird, desto eher klappt’s mit der Wiederwahl.

Damit der Nachschub nicht ausgeht, setzen sich die Grünen für eine „Liberalisierung“ der Anerkennungsregeln für Asylbewerber ein. Weg mit den Aufenthalts- und Arbeitsbeschränkungen für Asylbewerber, die mindestens auf Hartz-IV-Niveau versorgt werden sollen. Und natürlich: Wenn’s nach den Grünen geht, wird jeder, der aus Afrika nach Europa will, mit offenen Armen empfangen. Grünen-Vorsitzende Claudia Roth pocht auf „dauerhaften Schutz und Unterstützung“ für alle, die in Europa ihre „Zukunftsperspektive“ suchen.

 

Ab in die Öko-Planwirtschaft

Ein Grüner ist erst dann richtig glücklich, wenn er anderen etwas verbieten kann“, spottete Wiglaf Droste einmal. Und da sind die Grünen heute immer noch phantasievoll: Tempo 30 auf allen Stadtstraßen, selbst in Berlin; immer strengere Grenzwerte für Kohlendioxid-Emissionen; Styropor auf die Hausfassaden im Namen des Klimaschutzes; „Diversity“-Trainings und „Diversity“-Beauftragte, die mit erhobenem Zeigefinger wachen, daß ja keiner „diskriminiert“ werde. Denn öffentliche Aufträge und Zuwendungen sollen „nur an solche Organisationen vergeben werden, die ihre Beschäftigten nicht diskriminieren“. Darüber wacht der Kommissar.

Mit „Klimaschutz“ läßt sich in der grünen Gedankenwelt nahezu jedes Verbot und jede Gängelung begründen. Auch die Forderung, weniger Fleisch zu essen und „vegane und vegetarische Pflichtangebote“ für Kantinen und Mensen vorzuschreiben. Der „Green New Deal“ klingt wie ein Märchen: eine Million neue „Jobs“ durch „Zukunftsinvestitionen“? Die Hälfte davon sind freilich schlicht öffentliche Stellenvermehrungen im Bildungs- und Gesundheitswesen; der Rest soll bei „erneuerbaren Energien“, „Wärmedämmung“ und anderen Klientelbranchen mit viel öffentlichem Geld – und Dirigismus – entstehen.

Hochsubventionierte Arbeitsplätze schaffen, um die Einnahmen im Staatshaushalt zu steigern, so sieht auch das Patentrezept für Berlin aus – hunderttausend immerhin sollen es werden, um Berlin zur „Modellstadt für grüne Industrie“ zu machen. Natürlich wird das nicht reichen, um sich selbst am Schopf aus dem Sumpf zu ziehen. Also müssen die Steuern rauf, Grunderwerbs- und Gewerbesteuer voran, und neue Abgaben her: auf Übernachtungen von Touristen etwa. Die sind den Grünen ja sowieso ein Dorn im Auge, wenn sie in Scharen in ihre putzige Kreuzberg-Idylle einfallen. Wer die Kernkraft vergrault hat, schafft das auch mit jenen lästigen Fremden, die keine Döner verkaufen.

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