© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/11 22. April 2011

Auf dem Sockel des Kaisers
Deutsche Einheit: Ein Denkmal soll an die Revolution vom Herbst 1989 erinnern
Thorsten Thaler

Die Entscheidung über die Gestaltung eines nationalen Denkmals zur Freiheit und Einheit in Berlin ist gefallen: Auf dem Schloßplatz, wo einst das Kaiser-Wilhelm-Reiterdenkmal stand, wird der Entwurf einer Arbeitsgemeinschaft realisiert, die aus den Stuttgarter Szenografen Milla & Partner und der Berliner Choreographin Sasha Waltz (48) besteht. Der letzte Ministerpräsident der DDR, Lothar de Maizière, heute Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft e.V., die sich für die Errichtung eines solchen Denkmals engagiert, bezeichnete die Entscheidung als „würdiges Ergebnis“.

Bereits im Oktober vorigen Jahres hatte die Jury den jetzt ausgewählten Entwurf als einen von drei gleichrangigen Gewinnern des Gestaltungswettbewerbs gekürt (JF 42/10). Nach einer Überarbeitungsphase, in der es noch offene Fragen zu allen drei preisgekrönten Entwürfen zu klären galt, fiel die Wahl nun endgültig auf die Arbeit von Sasha Waltz und Milla & Partner mit dem Titel „Bürger in Bewegung“. Die 55 Meter lange Skulptur aus Stahl, Asphalt (Oberseite) und Aluminiumpanele mit Legierung (Unterseite) wird auf dem Sockel des ehemaligen Nationaldenkmals für Kaiser Wilhelm I. stehen, das zwar den Zweiten Weltkrieg überstanden hatte, im Winter 1949/50 aber auf Geheiß der SED abgetragen wurde.

Das Freiheits- und Einheitsdenkmal ähnelt einer nach oben geöffneten Schale. Auf der Oberseite wird in großen goldfarbenen Buchstaben „Wir sind das Volk. Wir sind ein Volk“ zu lesen sein. Auf der Außenseite sollen Bilder und Zitate aus der Zeit der friedlichen Revolution im Herbst 1989 zu sehen sein.

Die Schale steht nicht starr, sie versteht sich nicht als bloßes Objekt der Betrachtung. Vielmehr soll sie auf 700 Quadratmetern von maximal 1.400 Besuchern gleichzeitig begangen und bewegt werden können. Möglich wird diese Bewegung, wenn sich die Besucher in einer größeren Zahl auf eine Hälfte der Schale verständigen. Wie das in der Praxis funktioniert, wird sich zeigen. Der Architekten- und Ingenieurverein zu Berlin (AIV) hat bereits Zweifel geäußert. Ohne „strenge Zugangskontrollen“ werde der Publikumsandrang nicht zubewältigen sein, erklärte Vereinsvorstand Uwe Hameyer.

Unterdessen präsentiert die Deutsche Gesellschaft e.V. bis Ende Oktober dieses Jahres auf dem Schloßplatz in Berlin-Mitte eine Freiluft-Ausstellung zum Freiheits- und Einheitsdenkmal. Gezeigt werden Schautafeln, die über den historischen Ort, die Geschichte der Freiheits- und Einheitsbewegungen bis 1990 und über die Denkmal-Initiative informieren. Darüber hinaus wird über den Wettbewerb zur Gestaltung des Denkmals informiert.

 www.freiheits-und-einheitsdenkmal.de

Foto: Preisgekrönter Entwurf für das nationale Freiheits- und Einheitsdenkmal auf dem Schloßplatz in Berlin-Mitte: Maximal 1.400 Besucher sollen die Schale gleichzeitig betreten können

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