© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/11 22. April 2011

Lockerungsübungen
Rassistische Strategie
Karl Heinzen

Der Sachverständigenrat für Integrationsfragen hat die Bundesregierung aufgefordert, eine mutige Einwanderungspolitik zu betreiben. Als „mutig“ definiert das im Auftrag diverser privater Stiftungen seine Weisheiten formulierende Gremium das beherzte Zupacken, wenn sich denn schon in irgendeiner Hinsicht eine Zuwanderungsakzeptanz der Bevölkerung erkennen läßt. Dies soll nach dem Empfinden der Experten bezüglich hochqualifizierter Fachkräfte der Fall sein, an denen es bekanntlich überall und immer mangelt.

Besonderer Handlungsbedarf besteht, so die Sachverständigen, weil die Abwanderung deutscher Spezialisten ins Ausland andauert und die Lücke durch Migranten derzeit nicht geschlossen werden kann. Zudem zeichne sich ab, daß die Abwerbeversuche von hierzulande qualifizierten Spitzenkräften durch Ökonomien, die kein vergleichbares Bildungswesen vorzuweisen haben, zunehmen werden. Den Bedrohungen gelte es mit einer Abwehrstrategie zu begegnen. So könne die Einwanderung von Hochqualifizierten erleichtert werden, indem man das zur Erlangung einer Niederlassungserlaubnis nachzuweisende Mindesteinkommen von jährlich 64.800 Euro brutto auf 40.000 Euro senkt.

Aus der Sicht der deutschen Wirtschaft ist dies zu begrüßen, da damit auch im Spitzensegment des Arbeitsmarktes ein Gehaltsdumping möglich wäre, das sich mäßigend auf die oft überzogenen Einkommenserwartungen von Fachkräften auswirken dürfte. Allerdings ist die Argumentation implizit rassistisch, da sie unterstellt, daß deutsche Experten sehr wohl einen gut bezahlten Job im Ausland finden, während ausländische froh wären, zu erheblich schlechteren Konditionen bei uns unterzukommen.

Fragwürdig ist indes der Vorschlag, Ausländern, die in der Bundesrepublik ihr Studium absolviert haben, verbesserte Bleibeoptionen zu bieten. Aus der Sicht der Wirtschaft wie auch der Steuerzahler insgesamt wäre es vernünftiger, die Hochschulausbildung einzustellen und nur noch auf Studienabgänger – Deutsche wie Nicht-Deutsche – zurückzugreifen, die im Ausland ihre Qualifikation erworben haben. Bereits das Wirtschaftswunder der frühen Bundesrepublik gründete nicht zuletzt darauf, daß auf Arbeitskräfte zurückgegriffen werden konnte, die anderorten ausgebildet worden waren. Warum sollte sich das nicht wiederholen lassen?

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