© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/11 22. April 2011

Umwelt
Aufrechter E10-Gang
Michael Manns

Zuerst Aral, nun Shell – die Ölkonzerne wollen das klassische Superbenzin wieder anbieten. Der E10-Boykott hatte Erfolg! Ein erster Sieg der Vernunft. Vergeblich haben bislang die Herrschenden in zynischer Manier den Autofahrern versucht einzureden, daß die Früchte des Feldes qua Biobrühe in den Tank gehören (statt den Hungernden) und daß man sein Eigentum aus Jux und Dollerei zu ruinieren hat. So sieht es der Ratschluß der schrecklich weisen Männer und Frauen in Brüssel und ihrer Paladine in Berlin vor. Und dies haben wir gefälligst zu verinnerlichen.

Der Irrsinn des E10-Ukas läßt sich aber noch steigern: Die Dienstfahrzeuge des Innenministeriums werden bislang nicht mit dem sogenannten Biokraftstoff betankt. Man wolle erst „prüfen, ob Teile des Fuhrparks E10-tauglich sind“. Gleiches gelte für die dem Innenminister unterstellten Behörden, also auch für die Bundespolizei. Ist das nur Unverfrorenheit und Heuchelei?

Oder muß man hier die klinische Diagnostik bemühen, um diese politische Schizophrenie einzuordnen? Jedenfalls beweist dies, daß die Bürokraten in einem Paralleluniversum leben. Meilenweit von den realen Befindlichkeiten ihrer Untertanen entfernt. Immunisiert gegen Kritik, eingelullt vom Gemurmel ihrer Claqueure. Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus, so wird erzählt. Die Wahrheit ist: In den Schaltzentralen der Exekutive herrscht nicht der Weltgeist, sondern Ignoranz. Und in den Garküchen der Spitzenpolitik wird an der Mixtur von Chaos, Arroganz und Irrsinn geköchelt. Der zornige Bürger hat mit seinem aufrechten Gang die erste Schlacht gewonnen. Doch schon beginnt der nächste Akt, und man greift ihm in die Tasche: Beim „neuen“ alten Super dreht sich die Preisschraube. In Berlin soll ein Denkmal für die deutsche Einheit und Freiheit entstehen – eine riesige Schaukel. Wahrhaft symbolträchtig, denn wie oft wird das Volk verschaukelt.

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