© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/11 29. April 2011

Kritik an Sarrazin-Entscheidung
SPD: In der Partei regt sich Widerstand gegen die Einstellung des Ausschlußverfahrens
(ms)

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hat die Entscheidung ihrer Partei, das Ausschlußverfahren gegen Thilo Sarrazin einzustellen, gegen parteiinterne Kritik verteidigt. „Thilo Sarrazin hat seine sozial-darwinistischen Äußerungen relativiert, Mißverständnisse klargestellt und sich auch von diskriminierenden Äußerungen distanziert“, sagte sie dem Deutschlandfunk.

Sarrazin hatte am vergangenen Donnerstag vor der Schiedskommission des Berliner SPD-Kreisverbandes Charlottenburg-Wilmersdorf erklärt, er habe mit seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ keine sozialdemokratischen Grundsätze verletzen oder Migranten diskriminieren wollen. Daraufhin war das Parteiausschlußverfahren gegen den ehemaligen Berliner Finanzsenator und Bundesbankvorstand eingestellt
worden.

Die Kritiker dieser Entscheidung meldeten sich am Dienstag mit einer „Berliner Erklärung“ zu Wort. Darin entschuldigen sich die Unterzeichner, unter ihnen mehrere Berliner Kreisvorsitzende, für den „Zickzackkurs“ der Partei. „Unsere Grundwerte sind nicht beliebig und stehen nicht zur Disposition Einzelner.“ Weiter heißt es: „Wir verteidigen die Meinungsfreiheit aufrecht. Die SPD ist jedoch eine politische Wertevereinigung, die – wie bei jeder anderen Partei – durch ihr Grundwertekorsett einen äußersten Meinungsrahmen vorgibt.“

Der Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky (SPD), bezeichnete die Entscheidung als „Sieg der Vernunft“. Man müsse auch Dinge ertragen, „die man ablehnt und die einem sogar das Blut in Wallung bringen“, sagte er dem Tagesspiegel. Dagegen hat der Gründer des „Arbeitskreises jüdischer Sozialdemokraten“, Sergey Lagodinsky, die Partei aus Protest gegen die Einstellung des Verfahren verlassen.

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