© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/11 29. April 2011

Zwölf Stunden Hitler-TV
Einen Tag nach „William und Kate“ macht Vox den 30. April zum Schwerpunkttag über das Ende des NS-Regimes
Claus-M. Wolfschlag

Seit Jahren vergeht kaum eine Woche ohne volkspädagogisch gefärbte Sendung zu Krieg und Nationalsozialismus. Antreiber dieser Entwicklung waren vor allem die BBC und das ZDF mit Guido Knopp. Gerade spektakuläre Filme über „Hitlers Tarnkappenbomber“ oder „Hitlers Diplomaten in Bonn“ sorgen offenbar für manch wohligen Schauer bei solchen Zuschauern, die Nervenkitzel mit Bildungsauftrag verbunden sehen möchten. NS-Dokus fungieren so als spezielle Horrorfilme des sich bildungsbürgerlich aufführenden TV-Konsumenten. Das Konzept folgt weniger Direktiven von oben als dem Zuschauerbedürfnis von unten. Die Vermittlung historischer Inhalte schaffte es bisweilen bei NS-Dokus auf stolze Quoten von 20 Prozent.

Nicht ohne Grund beteiligt sich an diesem Treiben auch Spiegel TV – also die TV-Produktionsfirma jenes Magazins, das für seine zahlreichen Hitler-Titelbilder berüchtigt ist. Der Spiegel räumte erst kürzlich wieder unumwunden ein, daß er mit Titelgeschichten über den „Führer“ seine Auflage steigern kann. Zu dessen 66. Todestag hat nun Spiegel-TV die Gelegenheit abermals beim Schopf ergriffen und gestaltet am 30. April das ganz dem „Führer“ gewidmete Tagesprogramm des Senders Vox. Moderiert wird der Tag von Maria Gresz, dem Gesicht des Spiegel-TV-Magazins bei RTL. Die Schauspieler Fritzi Haberlandt und Clemens Schick lesen Original-Texte. Die Historiker Ian Kershaw und Sönke Neitzel, dessen neues Buch „Soldaten“ gerade in aller Munde ist (siehe Seite 20), kommentieren das ganze. Zwölf Stunden kann sich der Zuschauer über „Hitlers Berg“oder „die Geliebte des Diktators“ informieren. Gezeigt wird zum Teil unveröffentlichtes Material. Wirklich bahnbrechende neue Erkenntnisse werden indes nicht zu erwarten sein. Und es stellt sich die ketzerische Frage, ob Hitler im Jahr 2011 ebensoviel Aufmerksamkeit erfahren würde, wenn er seinerzeit den Krieg gewonnen hätte.

Ein Tag schreibt Geschichte – 30. April 1945 Am Sonnabend, den 30. April, von 12 bis 24 Uhr auf Vox

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