© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/11 29. April 2011

Frisch gepresst

Fontane. Bernd W. Seilers schöner Bildband über „Fontanes Berlin“ lichtet die großstädtische Lebenswelt des „märkischen Wanderers“ ab und stellt dabei alte Aufnahmen der sich nach 1848 zur Millionen-Metropole auswachsenden preußischen Hauptstadt aktuellen Bildern ihrer von Glas und Beton dominierten „Urbanität“ gegenüber. Die Kontrastwirkung ist gewaltig. Und sie fällt nicht zugunsten der Moderne aus. Spontan assoziiert man Fotos aus Wolf Jobst Siedlers Klassiker „Die gemordete Stadt“, obwohl der Leser bei mancher, von häßlichen Schleifspuren der Industrialisierung verunstalteten Ecke um 1870 auch rasch weiterblättert. Tatsächlich geht es dem Autor aber eigentlich um etwas anderes: um Berlin als Literaturort. Hier und nicht in der „Vor dem Sturm“ und „Der Stechlin“ vorbehaltenen Mark spielt der größere Teil von Theodor Fontanes Erzählwerk. Und die immer noch stattliche Leserschaft des großen preußischen Realisten könnte sich keine bessere kulturhistorische Topographie wünschen, die mit den Fakten vertraut macht, welche bei Fontane zu Fiktionen wurden. (wm)

Bernd W. Seiler:Fontanes Berlin. Die Hauptstadt in seinen Romanen. Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin 2010, gebunden, 192 Seiten, Abbildungen, 26,90 Euro

 

Ostpreußen. Da man um 1900 nicht mal eben beim ostpreußischen Fremdenverkehrsverband „anklicken“ konnte, beschaffte sich Minna Koschwitz viele Postkarten mit Ansichten von Königsberg und Umgebung. So stimmte sie sich auf den Umzug von Marburg an der Seite ihres 1901 an die Königsberger Albertus-Universität berufenen Gatten, des Romanisten Eduard Koschwitz, ein. Offenbar ist Frau Professor in ihrer neuen Heimat dann aber der Sammelleidenschaft erlegen. Denn sie kaufte, was ihr an kleinformatigen Ansichten mit zahllosen Motiven der Städte und Landschaften Ostpreußens zur Kaiserzeit erreichbar war. Dieser Bilderschatz überdauerte den Untergang der Provinz und gelangte in die Obhut der Landsmannschaft Ostpreußen. Der zuletzt mit seiner Monographie über das Königsberger Schloß hervorgetretene Wulf Wagner (JF 12/11) stellte aus dem Koschwitz-Fundus eine 1.000 Karten umfassende Auswahl zusammen und schrieb einen kenntnisreichen Begleittext zu dieser einmaligen Bilddokumentation. Und der Verlag lockt mit einem unwiderstehlich niedrigen Preis! (ob)

Wulf Wagner (Hrsg.): Reise in die alte Heimat – Ostpreußen in 1000 Bildern. Edition Lempertz, Königswinter 2011, gebunden, 399 Seiten, Abbildungen, 19,95 Euro

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