© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/11 06. Mai 2011

Libyen-Krieg
Unverantwortlich
von Peter Freitag

Von den Sanktionen, die in der Resolution 1973 des Weltsicherheitsrates gegen das Regime des libyschen Machthabers Gaddafi festgelegt wurden, sind ausdrücklich auch dessen Söhne betroffen, konkret zum Beispiel vom verhängten Reiseverbot. Eine Gefahr für Leib und Leben impliziert dies nicht. Im Gegenteil, denn die Nato als ausführendes Organ des Sicherheitsrates beteuert stets, Gaddafi sei für sie kein Ziel. Und doch wurden nun bei einem Luftangriff der westlichen Allianz ein Sohn sowie drei Enkel des Diktators getötet. Hat man es in Wirklichkeit also doch auf den Revolutionsführer abgesehen und dabei den Tod seiner Angehörigen billigend in Kauf genommen? Oder war alles „nur“ ein Versehen, weil man eine Regierungszentrale als legitimes Ziel treffen wollte? Der „Schutz von Zivilisten“, das vordringlichste Ziel der UN-Resolution, sieht jedenfalls anders aus!

So skeptisch alles zu bewerten ist, was das Regime in Tripolis vermeldet: Die mächtigste Militärallianz der Welt liefert in Nordafrika ein zunehmend blamables Bild ab. Rußland und erst recht China können genüßlich auf die zwischen Anspruch und Wirklichkeit klaffende Lücke weisen. Der strategische Spagat der Nato, den blutigen Konflikt in Libyen beenden zu wollen, ohne (offiziell) Gaddafi beseitigen zu dürfen, kann nicht gelingen. Dennoch unter solchen Bedingungen Soldaten in den Einsatz zu schicken, ist unverantwortlich.

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