© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/11 13. Mai 2011

„Viel knackiger und dynamischer“
CDU-Konservative: Auf dem Kongreß der „Aktion Linkstrend stoppen“ in Berlin werden neue Strategien diesseits und jenseits der Union diskutiert
Lion Edler

Für Konservative in der Union ist es seit der Landtagswahl in Baden-Württemberg nicht leichter geworden. Weil die Grünen dort erstmals den Ministerpräsidenten stellen, dürfte sich besonders die  CDU-Führung um Angela Merkel in ihrem Kurs bestätigt fühlen, die Partei weiter nach links zu führen, um den Boden für schwarz-grüne Koalitionen zu bereiten.

Gegenwehr kommt seit einem guten Jahr von der parteiinternen „Aktion Linkstrend stoppen“ (JF 19/11). Am Wochenende traf sich die Plattform unter Leitung des ehemaligen CDU-Bundesrichters Friedrich-Wilhelm Siebeke in Berlin zu einem ersten „Konservativen Kongreß“. Um linksextreme Störungen auszuschließen, bekamen die Teilnehmer den Versammlungsort erst nach der Anmeldung mitgeteilt.

Auch der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann, der bei dem Kongreß erstmals seit sieben Jahren wieder eine öffentliche Rede hielt, weiß von den Schwierigkeiten deutscher Konservativer: wegen einer fälschlicherweise als „antisemitisch“ bezeichneten Rede im Jahr 2003 wurde Hohmann aus der Partei ausgeschlossen. Auf dem Kongreß ging Hohmann zu einem Generalangriff auf die CDU über, der er das Schleifen konservativer Werte vorwarf. So gebe es etwa in der Partei nur noch eine „kleine Minderheit, die sich nicht mit dem Unrecht der Abtreibung abfindet“: der Verband „Christdemokraten für das Leben“ (CDL). Dessen Informationsstände befänden sich aber bei CDU-Veranstaltungen nicht mehr wie einst am Saaleingang, sondern sie seien dort durch die Stände des Verbands „Lesben und Schwule in der Union“ (LSU) ersetzt worden. Daneben beklagte Hohmann unter anderem das Fehlen von Patriotismus bei der Union. Dabei ist nach Hohmanns Überzeugung die „Trias Gott-Familie-Vaterland“ der „Schlüssel für die Wiedergesundung nicht nur der CDU, sondern unseres ganzen Volkes“.

Unter den Gästen des Kongresses war auch die konservative amerikanische Journalistin Heather DeLisle, die als Expertin über die konservative „Tea Party“ in den Vereinigten Staaten berichtete. Ihrer Ansicht nach gibt es bei allen sehr unterschiedlichen Strömungen der „Tea Party“ zunächst nur einen einzigen gemeinsamen Nenner: die Klage über zu hohe Steuern. Ihre Anfänge hatte die Bewegung in sehr kleinen und unorganisierten lokalen Initiativen. Mit Blick auf die Frage, was Deutschlands Konservative von der Tea Party lernen können, gab DeLisle zu bedenken, daß die Tea Party „auch eine große Marketing-Kampagne“ sei. Um das Ansehen des Konservatismus zu bessern, müsse die Außendarstellung von konservativen Organisationen in Deutschland „viel knackiger und dynamischer“ werden.

Am Rande der Veranstaltung, bei der unter anderem auch der Leiter der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft, Menno Anden, und der konservative Publizist Klaus Motschmann auftraten, wurde von den rund 150 Teilnehmern zudem darüber diskutiert, regelmäßige konservative Kongresse zu veranstalten, da es dafür offenbar erheblichen Bedarf gebe. Manche Teilnehmer regten auch an, die Initiative „Linkstrend stoppen“ zu einer überparteilichen Initiative zu verwandeln, die auch Kontakt zu politisch ähnlich gerichteten Gruppierungen wie dem nationalliberalen „Stresemann-Club“ der FDP aufnehmen könnte.

Gerade unter den jüngeren Teilnehmer des Kongresses stieß diese Idee auf Interesse. Das sieht auch der 27jährige Magnus H. so, der aus Kiel zu dem Kongreß angereist ist. Auf eine Wende der Union setzt das CDU-Mitglied kaum noch Hoffnungen. Der Kongreß könnte „das letzte Schaulaufen der Konservativen in der Partei“ sein, befürchtet er. Thorsten A. ist ebenfalls Mitglied der CDU und der Jungen Union. Der 29jährige hofft auf einen doppelten Weg, der die Partei unter Druck setzen könnte: einerseits von der Basis, andererseits durch eine neue rechte Partei, die die Union dazu zwingen könnte, ungeliebte Themen wieder aufzugreifen.  Michael D. aus Fulda gibt einer Rechtspartei dagegen wenig Chancen: Weil von den Medien „gleich die Faschismuskeule geschwungen“ würde, werde sich in den nächsten zehn Jahren keine solche Partei etablieren. Der 25jährige hofft daher auf überparteiliche Initiativen und lokale Gesprächsrunden, um neue konservative Strukturen aufbauen zu können.

Die Rede von Martin Hohmann unter  www.jungefreiheit.de  www.linkstrend-stoppen.de

Foto: Siebeke bei der Eröffnung des Kongresses: Neue Ziele setzen

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