© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/11 13. Mai 2011

„Felix, der Kater“ macht Karriere
Rumänien: Der Fall eines angeblichen Securitate-IM ist typisch für die postkommunistische Medienwelt
Stefania Andon

An einem kalten Freitagvormittag wurde Dan Voiculescu von seiner Vergangenheit eingeholt: Der Vizechef des rumänischen Senats war ein Securitate-Spitzel. So lautet ein Beschluß des Obersten Kassationsgerichts Rumäniens. Das Gericht sieht es als erwiesen an, daß Voiculescu vor der Wende Mitarbeiter der kommunistischen Geheimpolizei gewesen ist. Dem Urteil vorausgegangen war ein jahrelanges juristisches Hin und Her und eine Verfassungsklage Voicules-cus gegen den „Nationalrat für das Studium der Securitate-Archive“ (CNSAS), das rumänische Pendant der Gauck-Behörde. Der Nationalrat hatte die Details aus Voiculescus Vergangenheit publik gemacht.

Dan Voiculescus Werdegang ist typisch für den eines Karrieristen in Rumänien, ja überhaupt in der postkommunistischen Welt: Nach der Wende ist es ihm dank guter Beziehungen aus der Vergangenheit und oft durch fragwürdige Geschäftspraktiken gelungen, sich großen Reichtum anzueignen. Voiculescu beherrscht einen Teil der rumänischen Medienlandschaft und nutzt die sich daraus ergebenden Vorteile zum Durchsetzen von politischen Zielen. Über das Vermögen des Medienmoguls existieren nur grobe Schätzungen. Sie reichen von 180 Millionen bis zu 1.500 Millionen Euro – so oder so wäre er damit einer der reichsten Männer Rumäniens.

Dan Voiculescu wurde 1948 in Bukarest geboren. Nach einem Studium der Wirtschaftswissenschaften war er in einer staatseigenen Außenhandelsgesellschaft für die Devisengeschäfte verantwortlich. In den achtziger Jahren wurde er zum Vertreter der zypriotischen Firma „Crescent Commmercial & Maritime Ltd.“ in Rumänien. Nach der Wende gründete er die Unternehmensgruppe Grivco und parallel dazu den Pressekonzern „Intact Media Group“, der sich in der Zwischenzeit zu einem wahren Medienimperium entwickelt hat. Dazu gehört unter anderem der Fernsehkanal Antena 1 und die Tageszeitung Jurnalul Naţional und Gazeta Sporturilor sowie die Wochenzeitung Săptămâna Financiară.

Gleichzeitig hat er sich immer mehr in das politische Leben seines Landes eingemischt. Schon 1991 hatte der Zeitungszar die Humanistische Partei Rumäniens gegründet, die 2005 zur Konservativen Partei umbenannt wurde. Großer Name, aber nicht viel dahinter. Es handelt sich dabei um eine „Ein-Mann-Partei“, die als Plattform für die politischen Ambitionen ihres Gründers dient.

Die Formation spielte in mehreren politischen Bündnissen die Rolle als Zünglein an der Wage, war zwischen 2004 und 2008 Mitglied der Regierungskoalition neben der Nationalliberalen Partei und sitzt seit 2008 auf der Oppositionsbank. Voiculescu ist seit 2004 Mitglied des Senats, des Oberhauses des rumänischen Parlaments, und ist gegenwärtig sogar einer seiner stellvertretenden Vorsitzenden.

2010 bildete die Konservative Partei, zusammen mit der Nationalliberalen Partei und den Sozialdemokraten, die ebenfalls in der Opposition sind, die „Sozial-Liberale Union“, deren erklärtes Ziel es ist, den rumänischen Präsidenten Traian Basescu und die regierende Liberaldemokratische Partei zu Fall zu bringen. Nicht aus Zufall: Traian Basescu gilt als Erzfeind von Dan Voiculescu. Die tägliche Schlammschlacht, die sich in den Talkshows zwischen basescutreuen Journalisten und den Gegnern des Präsidenten abspielt, ist beispielhaft für das politische Klima, das im heutigen Rumänien herrscht.

Kein Wunder also, daß Voiculescu auch mächtige Feinde hat. 2006 – just als der damalige liberale Ministerpräsident Calin Popescu Tariceanu ihn zum Vizepremier ernennen wollte – kamen die Enthüllungen über seine Tätigkeit als Securitate-IM. Die Gerüchteküche hatte schon lange gebrodelt. Die Vermutung: Die Firma Crescent soll privilegierte Beziehungen zur Securitate und zu einer von der Geheimpolizei gesteuerten Außenhandelsfirma gehabt haben, die zugunsten des Diktators Nicolae Ceausescu Gelder auf geheime Auslandskonten abzweigte. Schon 1990 hatte eine Gruppe kanadischer Experten, die den Auftrag hatten, die geheimen Ceausescu-Konten ausfindig zu machen, die Verhaftung Voiculescus vorgeschlagen. Die Ermittlungen in der Angelegenheit sind dann jedoch eingeschlafen oder auf Druck hin gestoppt worden.

Laut den vom CNSAS veröffentlichten Dokumenten soll Dan Voiculescu 1970 von der Securitate rekrutiert worden sein. Sein Auftrag war es, Ausländer zu bespitzeln, zu denen er infolge seiner Tätigkeit als Dolmetscher für die deutsche Sprache Kontakt hatte. Später soll er auch Berichte über Kollegen und Angehörige geliefert haben. In dieser Zeit wurde er unter dem Decknamen „Felix“ geführt, weswegen er heutzutage in einem Großteil der rumänischen Presse sowie im Volksmund – in Anspielung auf eine Comic-Figur – den Spitznamen „Felix, der Kater“ trägt. Ab 1977 soll der Kontakt zur Securitate dann eingeschlafen sein.

Dan Voiculescu beteuert seine Unschuld. Zu seiner Verteidigung erklärt er, er habe lediglich „Dienstberichte“ über Ausländer geliefert, jedoch nie Kollegen oder Freunde bespitzelt. Auch das Urteil des Obersten Kassationsgerichts hat an seiner Einstellung nichts geändert. Dan Voiculescu will nun vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte klagen.

Foto: Dan Voiculescu: Der Medienmogul und ein Teil seines Imperiums – neben Zeitungen auch ein TV-Sender

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