© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/11 20. Mai 2011

Ein reichhaltiges Angebot
Bremen: Obwohl das Ergebnis der Bürgerschaftswahl voraussehbar ist, bieten sich den Wählern in der Hansestadt zahlreiche Alternativen zu den etablierten Parteien
Marcus Schmidt

Wahlen in Bremen sind langweilig. Schon vor der Abgabe der Stimmen wissen die Wähler, welche Partei in den kommenden vier Jahren die altehrwürdige Hansestadt regieren wird: die SPD – wie übrigens bereits seit 66 Jahren. Vor der Wahl am Sonntag deutet nichts darauf hin, daß sich daran etwas ändern wird. In den Umfragen liegt die regierende rot-grüne Koalition von Bürgermeister Jens Börnsen deutlich in Front. Die CDU muß sich wahrscheinlich hinter SPD und Grünen sogar mit dem dritten Platz zufriedengeben. Dahinter wird die Linkspartei erwartet und – vielleicht – die FDP.

Wahlen in Bremen sind spannend. Erstmals dürfen sich am Sonntag auch 16- und 17jährige an der Wahl eines Landesparlamentes beteiligen, andere Bundesländer wie etwa Baden-Württemberg werden diesem Beispiel bald folgen. Zudem verfügt der Stadtstaat mit Bremerhaven als einziges Bundesland über ein zweites Wahlgebiet. Die Bremische Bürgerschaft setzt sich aus den 68 Bremer Abgeordneten und den 15 Parlamentariern aus Bremerhaven zusammen, für beide Wahlgebiete gilt jeweils die Fünf-Prozent-Hürde. Dieser Besonderheit ist es immer wieder zu verdanken, daß auch kleinere Parteien den Sprung in die Bürgerschaft schaffen.

Zuletzt gelang dies 2007 etwa dem Bundesvorsitzenden der konservativen Wählervereinigung „Bürger in Wut“ (BIW), Jan Timke (siehe das Interview auf Seite 3). Timkes Formation hat auch in diesem Jahr wieder gute Chancen, zumindest über Bremerhaven in die Bürgerschaft einzuziehen. Aber auch landesweit liegen die BIW laut Umfragen zwischen drei und fünf Prozent.

Über den „Umweg“ Bremerhaven gelang auch dem ehemaligen DVU-Politiker Siggi Tittmann seit 1999 dreimal der Einzug in die Bürgerschaft. Auch am Sonntag steht der volkstümliche  Tittmann, der im Wahlkampf unter anderem mit seinem Hund Rocky wirbt,  wieder zur Wahl – allerdings nicht mehr für die DVU, mit der er sich 2007 zerstritt und die mittlerweile auch in Bremen in der NPD aufgegangen ist. Tittmann tritt nun in Bremerhaven für die von ihm gegründete Wählervereinigung „Protest der Bürger“ an, die sich insbesondere für die Interessen Bremerhavens stark macht („Schluß mit der Bevormundung und Benachteiligung durch Bremen!“) und sich ansonsten klassischen Themen wie der inneren Sicherheit, aber auch der Senkung der Gewerbesteuer sowie der Müll -und Abwassergebühren widmet.

Der ehemalige DVU-Vorsitzende Matthias Faust führt die Liste der NPD, die in den Umfragen bei drei Prozent liegt, im Wahlgebiet Bremen an.  Unter dem Motto „Ihr werdet’s nicht vermuten, wir sind die Guten!“ hat die Partei in Bremerhaven nach eigenen Angaben 16.000 Erst- und Jungwähler im Alter zwischen 16 und 30 Jahren angeschrieben.

Mit der „Bremer Bürger Liste“ (BBL) und der „Bremer und Bremerhavener Wählergemeinschaft“ (B+B) treten zudem zwei Parteien an, die sich vor allem an Wähler der Oppositionsparteien FDP und CDU wenden. BBL-Spitzenkandidat Uwe Woltemath war FDP-Partei- und Fraktionsvorsitzender und verließ die Partei Ende vergangenen Jahre im Streit, wodurch die FDP in der Bürgerschaft ihren Fraktionsstatus verlor.

Das reichhaltige Angebot jenseits der etablierten Parteien schlägt sich auch in den Umfragen nieder. Die „Sonstigen“ erreichen zusammengenommen bis zu zehn Prozent. Die SPD sehen die Meinungsforscher bei 36 bis 37 Prozent, die Grünen bei bist zu 24 Prozent. Die CDU kann demnach mit 19 oder 20 Prozent rechnen,  die Linkspartei mit sechs bis sieben Prozent. Düster sieht es für die FDP aus, die zwischen drei und vier Prozent liegt.

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