© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/11 20. Mai 2011

Exportfinanzierung durch maßlose Kredit- und Geldschöpfung
Deutsche Geschenke
Philipp Bagus

Immer wieder hört man von Politikern, Deutschland sei einer der Hauptprofiteure des Euro. Die gemeinsame Währung habe Abwertungen andernfalls nicht wettbewerbsfähiger Südländer unmöglich gemacht und käme so den Exporteuren zugute. So schallt es nicht nur in Südeuropa. Auch in den eigenen Reihen nutzt Kanzlerin Angela Merkel dieses Argument, um den Eurorettungsschirm zu rechtfertigen. Grundsätzlich gilt jedoch: Exporte an sich machen nicht glücklich.

Aufs Individuum heruntergebrochen: Wenn ich arbeite, „exportiere“ ich Dienstleistungen. Wenn ich Bücher verkaufe, exportiere ich Waren in den Rest der Welt. Daß mache ich nicht, weil exportieren mir an sich Spaß macht; nein, ich möchte früher oder später importieren. Kaufe ich ein Auto, Lebensmittel oder übernachte in einem Hotel, „importiere“ ich Güter und Dienstleistungen. Hätte ich zu wählen zwischen nur exportieren (arbeiten, Güter weggeben) und importieren (konsumieren), entschiede ich mich für letzteres.

Für letzteres optieren auch die Südländer in der Europäischen Währungsunion. Sie importieren mehr aus Deutschland, als sie dorthin exportieren. Umgekehrt erzielt Deutschland „Exportüberschüsse“, die von der deutschen Politik als großer Erfolg verkauft werden. Auf EU-Ebene kam sogar der Vorschlag, Länder mit zu großen Exportüberschüssen zu bestrafen. Es kann ja nicht angehen, die Waren einfach ohne Gegenleistung wegzuschenken. Wie konnte es dazu kommen, daß die EU-Südländer dauerhaft Importüberschüsse genießen? Der Schlüssel liegt im europäischen Staatsgeld, dem Euro. Staaten wie Griechenland mit zu hohen, von mächtigen Gewerkschaften erzwungenen Löhnen sind keine Konkurrenz für die innovative und hochproduktive deutsche Industrie mit moderaten Lohnabschlüssen.

Mehr griechische Armut und Arbeitslosigkeit wären die Folge, spränge nicht der griechische Staat ein. Der druckt einfach Staatsanleihen, welche das Bankensystem kauft und als Sicherheit für neue Kredite von der Europäischen Zentralbank verwendet, die somit das Staatsdefizit monetisiert. Die griechische Regierung gibt das neue Geld für frühe und hohe Renten, einen riesigen Staatssektor und großzügige Militär- und Sozialausgaben aus.

So bezahlt Athen einen Minister, der mit dem neuen Geld einen BWM kauft. Die Folgen: kletternde Preise und ein steigendes Außenhandelsdefizit. Griechenland lebt über seine Verhältnisse. Autos rollen nach Hellas im Tausch für neue Euros und Schuldversprechen. Die Deutschen zahlen den Preis für den überhöhten griechischen Lebensstandard in Form höherer Teuerungsraten und seit 2010 auch direkt in Form von Garantien für subventionierte Kredite an den überschuldeten griechischen Staat; Kredite, die wohl bald teilweise erlassen („umstrukturiert“) werden. Wer hat hier vom Euro profitiert?

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