© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/11 20. Mai 2011

Zeitschriftenkritik: Rabenflug
„Es ist nötig, daß ich meine Pflicht tue“
Werner Olles

Im islamischen Kulturkreis gab es immer wieder Bewegungen, die im Namen der Religion Gewalt und Terror ausübten. Die berüchtigtste war wohl der 1080 von Hassan bin Sabbah gegründete ordensähnlich aufgebaute Geheimbund der Assassinen, wörtlich „Haschischesser“. Sie gehörten zu einer radikalen Gruppe von Ismaeliten, die sich ihrerseits von den Schiiten abgespaltet hatte. In ihrem Essay „Mord auf Bestellung im Dienst der Religion“ beschreibt Magdalena S. Gmehling in der aktuellen Ausgabe (Nr. 37/2010) der seit 1991 halbjährlich erscheinenden Kulturzeitschrift Rabenflug – Untertitel: Literatur – Kunst – Geschichte – wie diese straff organisierte Vereinigung über 150 Jahre lang im Libanon, in Persien und Indien durch unzählige Meuchelmorde Angst und Schrecken verbreitete und dadurch auch einige Macht errang. Im Jahre 1256 wurden die Assassinen, die sogar ein glücklicherweise mißlungenes Attentat auf Kaiser Friedrich Barbarossa verübt hatten und Kaiser Friedrich II. bedrohten, durch Dschingis Khan, den Begründer des mongolischen Großreichs und dessen Enkel Hulagu, Ilkhan von Persien, entmachtet und vernichtet.

In seinem Beitrag „Religion und Philosophie bei Friedrich dem Großen“ schreibt Jochen Schaare über dessen sehr differenziertes Verhältnis zur Religion. Christ war er niemals gewesen, doch rang er Zeit seines Lebens um Klarheit über das Wesen des Schöpferischen, obwohl er nicht an einen persönlichen Gott glaubte. Gott stellte sich der bescheidene und auf jeglichen Dogmatismus verzichtende Agnostiker und Skeptiker als „Intelligenz der ewigen Organisation der Welten“ vor. Über jede Leichtgläubigkeit goß er seinen Spott aus, Täuschungen über die „Kanaille“ und die „wilde Bestie“ im Menschen gab er sich nicht hin. Als Freigeist kam es ihm darauf an, die Freiheit der Entscheidung zu wahren, selbständig zu denken und zu urteilen und statt Buße, Demut und Askese die freie freudige Tat zu feiern: „Es ist nicht nötig, daß ich lebe, wohl aber, daß ich meine Pflicht tue.“ Zum Atheismus vermochte er sich dennoch nicht durchzuringen, der Aufklärung attestierte er „nur eine eingeschränkte Wirksamkeit“, und den Menschen die Religion zu nehmen hielt er für eine Wahnidee.

Mit der deutschen Einheit und den Folgen einer politischen Sturzgeburt setzt sich die Autorin und Bürgerrechtlerin Freya Klier kritisch auseinander. Sie erzählt die Geschichte des Wuppertaler Gynäkologen Werner Mendling, der 1995 zusammen mit seiner Frau, einer Physiotherapeutin, voller Pioniergeist nach Frankfurt/Oder ging, um dort eine frei werdende Stelle als Chefarzt zu übernehmen, aber nach fünf Jahren resigniert aufgibt. Ablehnung, Schmähungen, Rufmord-Kampagnen und Mobbing des zwölfjährigen Sohnes durch ehemalige SED-Pädagogen in der Schule ließen das Ehepaar, das keinesweg den „eitlen Wessi“ rauskehrte, spüren, was ein halbes Jahrhundert Kommunismus in der DDR angerichtet hat und wieso fast vier Millionen Bürger aus dieser Zwangswelt flohen.

Kontakt:. Evelyne v. Bonin, Herminenstraße 7, 65191 Wiesbaden. Das Einzelheft kostet 3,20 Euro, das Jahresabo 6 Euro

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