© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/11 20. Mai 2011

DVD: M
Krasser Realismus
Werner Olles

Zum 80.Jahrestag der Welturaufführung von Fritz Langs erstem Tonfilm „M“ am 11. Mai 1931 im Berliner Ufa-Palast erscheint der Kinoklassiker nun in Bild und Ton aufwendig neu restauriert auf DVD und Blu-ray. Mit diesem Meisterstück des deutschen Kriminalfilms nach einem Drehbuch von Thea von Harbou revolutionierte Lang nicht nur die Filmproduktion, indem er durch neuartige Schnitt- und Tontechniken und dramaturgische Kniffe zahllose nachfolgende Filme prägte, sondern er schuf auch einen Meilenstein der Filmgeschichte und des expressionistischen Kinos.

Basierend auf wahren Begebenheiten inszenierte Fritz Lang, der bereits zuvor durch seine Stummfilme „Mabuse der Spieler“ (1922) und „Metropolis“ (1926) bekannt geworden war, mit „M“ einen Stoff aus dem Alltag. Tatsächlich trieb zu jener Zeit der Lustmörder Peter Kürten im Rheinland sein Unwesen. Neun Menschen, darunter auch Kinder, fielen ihm zum Opfer, und der Medienrummel um Kürten löste in der Bevölkerung Hysterie aus. Besonders Eltern fürchteten um das Leben ihrer Kinder, solange der Serienmörder noch nicht gefaßt war.

In „M“ schürt Lang bewußt die Ängste des Publikums. Mit gekonnter Dramatik schildert er Abschnitte aus dem Leben des Lustmörders (Peter Lorre), daß es dem Zuschauer kalt über den Rücken läuft. Der krasse Realismus, nervenzerreißende Spannung und nicht zuletzt die psychologische Glaubhaftigkeit der Typen: Das waren überzeugende Regieleistungen, die den Film zu den unvergeßlichen jener Epoche machen.

Schon in den ersten Szenen evoziert Langs Film eine Atmosphäre latenter Bedrohung. Kinder spielen in einem düsteren Hinterhof und singen das Lied vom Massenmörder Haarmann, nach der Melodie von „Warte, warte nur ein Weilchen“. Es folgt die Überblendung auf ein Schulportal, vor dem Eltern auf ihre Kinder warten, an der Wand hängt ein Fahndungsplakat, das 10.000 Mark Belohnung für Hinweise auf den Mörder verspricht.

Wieder kehrt ein Kind nicht von seinem Schulweg zurück, während seine Mutter in der ärmlichen Wohnung mit dem Essen wartet. Mit einer Intensität ohnegleichen konstruiert Lang die Genesis des Entsetzens, als die Unruhe der Frau sich zur Panik steigert. Der Kindermörder wird vorgestellt als ein seelisch kranker, hilflos seinem Wahn und seinen Trieben ausgelieferter Mann. Peter Lorre spielt ihn unvergleichlich überzeugend.

Während die Polizei ihre Razzien verstärkt, schließt sich die Unterwelt unter Führung des „Schränkers“ (Gustav Gründgens) zu einem Ring zusammen. Ein blinder Bettler (Georg John) erkennt schließlich den Mörder an seinem Pfeifen; wenn ihn die Mordlust packt, pfeift er immer eine bestimmte Melodie. Man kennzeichnet ihn durch ein M auf dem Rücken, M für Mörder, und es beginnt eine organisierte Jagd, die mit seiner Gefangennahme in einer alten Fabrik endet. Die Ganoven stellen ihn vor ein Femegericht und verurteilen ihn zum Tod. Kurz bevor das Urteil vollstreckt wird, verhindert die Polizei, daß der Mörder gelyncht wird.

Die Bonus-DVD enthält eine Dokumentation über die wahren Geschehnisse, auf denen „M“ basiert, Hintergründe zu Lorre und Lang, ein Interview mit Fritz Lang, eine Bildergalerie und PDF-Dateien mit seltenen Materialien sowie ein sechzigseitiges Beiheft mit Skizzen, Drehortfotos und dem Original-Programmheft von 1931.

DVD:  „M“. Universum Film, München 2011. Laufzeit etwa 107 Minuten, Laufzeit der Bonus-DVD: etwa 251 Minuten

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