© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/11 20. Mai 2011

Aufgeschnappt
Perspektiven zum Schlucken
Matthias Bäkermann

Das als Mai-Scherz aufgestellte Schild im Weinstädter Ortsteil Strümpfelbach sei eine „geschmacklose rassistische Parole gegen eine Minderheit der Menschen in unserer Stadt“, empört sich der SPD-Stadtrat und Vorsitzende des Ausländerbeirats, Michele Genco, in der Waiblinger Kreiszeitung.

Unbekannte hatten zum 1. Mai vor dem leerstehenden Gasthof „Traube“ in der schwäbischen Kommune auf einem großen Plakat angekündigt: „Hier entsteht in Kürze auf 2000 m2  das muslimische Kulturzentrum ÜZÜM. Fertigstellung Oktober 2011.“ Weil diese „Bauankündigung“ neben Gebeträumen und Döner-Imbiß auch einen „Fliegender Teppich-Verleih“ und „Eselsparkplätze“ aufzählte, habe ein „in seiner Ehre gekränkter Türke“ daraufhin im Rathaus von Weinstadt die „zügige Entfernung“ angemahnt, berichtet das Blatt. Die örtliche Polizei sah wegen „nicht erfüllter Kriterien der Volksverhetzung“ leider keinen Handlungsbedarf. Oberbürgermeister Jürgen Oswald (CDU) hat sofort die Beseitigung des Corpus delicti, das bei vielen Strümpfelbachern „ein Schlucken verursacht“ habe, angeordnet und sich öffentlich distanziert: „Ich halte dies für eine nicht zu tolerierende Aktion.“

Gesellschaftliche Veränderungen werden sich im Ort dennoch bald für jeden sichtbar widerspiegeln: Nach dem Abriß des Gasthofes im Sommer soll dort ein Seniorenstift entstehen.

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