© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/11 27. Mai 2011

Harald Seubert. Der Philosoph soll künftig das Studienzentrum Weikersheim leiten
Der Hüter
Erik Lehnert

Eine Dauerklage der gegenwärtigen Philosophie betrifft die mangelnde Wertschätzung und Aufmerksamkeit, der sie sich gegenübersieht. Die Fachphilosophen, die man in überregionalen Blättern lesen kann, lassen sich an einer Hand abzählen. Philosophische Bestseller schreiben nur noch Precht und Sloterdijk. An dieser Situation ist die Philosophie selbst schuld, weil sie sich in philologische Philosophiegeschichte zurückzieht und über Begriffsspalterei das wichtigste vergißt: den Menschen.

Daß es auch anders geht, zeigt Harald Seubert. Ihm stehen zwar nicht die Fernsehbildschirme zur Verfügung, aber sein Publikum wächst, weil er weiß, daß die Philosophie bei der menschlichen Selbsterfahrung anzusetzen hat und sich nicht um die Lage Deutschlands herumdrücken kann. Dieser Einsicht will er sich künftig auch als neuer Vorsitzender der konservativen Denkfabrik Studienzentrum Weikersheim stellen, deren Leitung er im Juni übernehmen will. Schon bisher saß er dort gemeinsam mit Jörg Schönbohm im Präsidium. Zu seinen Zielen gehört, dann die bürgerlich-konservativen Denkzirkel in Deutschland besser zu vernetzen. So strebt er etwa eine vertiefte Kooperation mit der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft (SWG) in Hamburg an, in deren Vorstand er bereits kooptiert ist.

Harald Seubert entfaltet seine Philosophie jedoch nicht nur schriftlich, sondern auch im wortgewaltigen Vortrag, bei dem die philosophische Ergriffenheit den Zuhörer ansteckt. Dabei kommt ihm eine umfassende Bildung zugute. Geboren 1967 in Nürnberg, hat er Philosophie, Geschichte, Literaturwissenschaft, Sozialwissenschaften und, nicht zuletzt, evangelische Theologie studiert, wurde über Heideggers Auseinandersetzung mit Nietzsche promoviert und ging anschließend nach Halle/Saale als Assistent zu Manfred Riedel, der sein wichtigster Lehrer werden sollte. Damit steht Seubert in direkter Nachfolge der nach dem Münsteraner Philosophen Gerhard Ritter benannten Ritterschule, aus der so bekannte Namen wie Robert Spaemann, Hermann Lübbe und Günter Rohrmoser hervorgingen.

Seit 2006 ist Seubert ordentlicher Professor für Kulturphilosophie und Ideengeschichte des deutschen Sprachraums an der Universität Posen. Er nimmt darüber hinaus zahlreiche Lehraufträge an verschiedenen deutschen Hochschulen wahr, so in Bamberg, München und Eichstätt. Außerdem verwaltet er das wissenschaftliche Erbe Günter Rohrmosers und hat dabei nicht nur dessen Schriften ediert, sondern auch Rohrmosers Erbe in Weikersheim angetreten. Das Studienzentrum wieder zum Leben zu erwecken, ist Seuberts Ziel. Sein dezidiert christlicher Konservatismus ist das richtige Fundament dafür, weil er sich zumindest eines gewiß nicht macht: Illusionen über den Zustand von Kirche und Staat.

 www.studienzentrum-weikersheim.de

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