© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/11 27. Mai 2011

Wir waren drin
Das Internet hält Einzug bei der JUNGEN FREIHEIT
Hans Becker von Sothen

Eines Tages im Oktober 1996 kam unser Chef vom Dienst Jens Falk in die Redaktion und eröffnete mit tiefem Ernst, der technische Fortschritt habe nunmehr auch die JUNGE FREIHEIT erreicht. Es gäbe, wir hätten zweifellos davon gehört, seit kurzem das Internet und er werde uns damit vertraut machen. In der Redaktion herrschte eine Mischung von Skepsis und Faszination. Ein gewisses Mißtrauen gegen solche Neuerungen gab es nicht nur bei uns.

Eine ISDN-Verbindung („Leonardo“) gab es nur für die Sendung der fertigen Seiten an die Druckerei, die wir – fortschrittlich – in der Redaktion immerhin schon auf einem Pagemaker-Programm erstellten. Der „Leonardo“ war aber nur eine „Punkt-zu-Punkt“-Verbindung zwischen Redaktion und Druckerei. Diese Sendungen an die Druckerei gingen, bevor der CvD und der Chefredakteur einen letzten Blick daraufwarfen, noch einmal zum Layouter, der die Fotos hineinexpedierte und der schaute, daß alles einigermaßen stimmte.

Dann erhielt die JF eine E-Mail-Adresse: zunächst eine Adresse für die ganze Redaktion – und auch nur einen Internetzugang, der schon bald umlagert war, zumal der Rechner zusätzlich auch noch als normales Arbeitsgerät für weitere Mitarbeiter fungierte. Jeder mußte also, wenn er eine E-Mail schreiben oder empfangen wollte, ins große „Berliner Zimmer“, wo der Internetanschluß für alle stand. Man wählte sich ein, was oft minutenlang dauern konnte und mit der so typischen akustischen Mischung aus Schnarren, Fiepen und Klopfen verbunden war. Die damals geläufige TV-Werbung von Boris Becker („Bin ich schon drin?“ … „Ich bin drin!“) für einen Internetzugang gibt diese Mischung von Erwartung, Unsicherheit und Ungeduld der ersten Internetnutzer wieder.

Auch eine URL für die Zeitung war bald gefunden. Die Frage war nur: sollte es junge-freiheit, junge.freiheit oder jungefreiheit.de heißen? Man entschied sich für letzteres. Der Erfolg war überraschend. Schon nach den ersten vier Wochen wurden 12.000 Zugriffe auf die JF-Seite aus 21 Ländern registriert.

Als Suchmaschine diente damals noch nicht Google, sondern Lycos, Yahoo, Altavista. Wieviel leichter und billiger ließ sich nun beschaffen, wofür man früher unendlich viel Zeit und Korrespondenz benötigte.

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