© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/11 03. Juni 2011

Fürsprecher der Kinder
Pädagogik: Zum Tod von Wolfgang Bergmann
Anni Mursula

Advokat der Kinder“ – so nannte mal das Nachrichtenmagazin Focus den Kinderpsychologen Wolfgang Bergmann. Und das war er auch: Stets hat sich der Buchautor und Leiter des Instituts für Kinderpsychologie und Lerntherapie in Hannover in die politische Diskussion eingebracht. Immer wieder mahnte er, die heutige Familienpolitik klammere einen wichtigen Faktor vollkommen aus – die Kinder.

Nun ist der „Advokat“ tot. Am 18. Mai 2011 verstarb Wolfgang Bergmann im Alter von 62 Jahren an Knochenkrebs. Mit ihm ist nicht nur ein mutiger Fürsprecher der Kinder von der Bühne getreten, sondern auch einer der wenigen, die tatsächlich noch das Wohl der Kinder über das Diktat der politischen Korrektheit stellen.

Denn oftmals geht es in der familienpolitischen Diskussion nicht um Kinder, sondern um die Gleichberechtigung der Frau. Wer zu behaupten wagt, daß Kinder unter der Selbstverwirklichung ihrer Mütter sogar leiden könnten, ist politisch gesehen nicht nur „altbacken“, sondern auch „untragbar“ – in jeder etablierten Partei.

Wie es morgens in einer Krippe zugeht

Daß auch die Presse letztlich nichts anderes schreibt, als die öffentliche Meinung von ihr erwartet, hat Bergmann immer wieder betont. Und diese will nun mal im Namen der sogenannten Gleichberechtigung, daß positiv über die Fremdbetreuung von Kindern und die Berufstätigkeit der Mütter geschrieben wird. Dabei hätten, so Bergmann, die wenigsten Journalisten auch nur eine einzige Seite über Bindungsforschung gelesen.

In einem Interview mit dieser Zeitung (JF 23/08) formulierte es Bergmann so: „Die meisten Journalisten wissen nichts. Sie schließen sich an die politisch korrekte ‘Mehrheitsmeinung’ an, treten noch ein bißchen nach und freuen sich, wenn der Chef sagt: ‘Gut gemacht!’“

In dem Gespräch mit der JF fragte Bergmann, ob diese Menschen überhaupt wüßten, wie es morgens in einer Kinderkrippe zugehe. „Von wegen, daß dort glückliche, selbstverwirklichte Frauen lachende Kinder an ihre individuellen Erzieherinnen übergeben und dann entspannt ihrer Karriere nachgehen. Tatsächlich weinen die Kinder, und die Frauen haben feuchte Augen, während die Erzieherinnen selbst beim besten Willen mit fünf, sechs Kindern pro Kraft überlastet sind. Die Mütter trennen sich beklommen, meist nicht um Karriere zu machen, sondern um hinter der Kasse, Theke oder Büroschreibmaschine zu malochen.“

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