© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/11 03. Juni 2011

Blick in die Medien
Meinungsbrei: Wer sendet denn so was?
Ronald Gläser

Meinungsbrei: Wer sendet denn so was? Zyniker behaupten, daß es sich mit der vielbeschworenen Meinungsvielfalt der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender so verhält wie mit den politischen Parteien: Sie gleichen sich immer mehr an und sind kaum mehr voneinander zu unterscheiden. Obwohl das Programmangebot stetig ausgeweitet wird, wird es für die Zuschauer immer unattraktiver, was sinkende Einschaltquoten beweisen.

Jörg Schönenborn sieht das naturgemäß anders. Der WDR-Chef hat den Vorwurf auf dem WDR-Europaforum vor einer Woche aufgegriffen: „Wir gehen aktiv gegen den Meinungsbrei vor – bei der ARD.“

„Einige sind ganz links, andere ganz rechts, trotzdem verabschieden sie die gleichen Resolutionen.“

Wie genau, das blieb ungesagt. Dafür bekundete er auf der Polit-Konferenz: „Wir können in der Bundesrepublik sehr dankbar sein, daß wir keine offen europafeindliche Partei haben.“ Also Vielfalt – ja bitte. Aber EU-Kritiker müssen sich gefallenlassen, vom WDR-Chefredakteur pauschal als „Europafeinde“ verunglimpft zu werden. Zu leicht könnten Mißtrauen und Wut sonst auch bei uns entfacht werden. Wahrscheinlich berichtet die ARD deswegen immer so vertrauensselig über Brüssel oder die Griechenland-Rettung: damit keine EU-kritische Stimmung beim nettozahlenden Zuschauer aufkommt.

Danach kam der Präsident des Europaparlaments, Jerzy Buzek, zu Wort. Es wäre der Moment gewesen, den Spitzenparlamentarier angesichts des von der London Times aufgedeckten Korruptionsskandals (JF 13/11) eindringlich nach dem Ethos seiner Parlamentskollegen zu fragen. Doch heikle Nachfragen der WDR-Journalisten bleiben aus.

Buzek war dafür so freundlich, ganz ungefragt über den Einheitsbrei in seinem Haus zu reden: „Im Parlament gibt es keine Regierung und keine Opposition. Einige sind ganz links, andere sind ganz rechts. Trotzdem verabschieden sie die gleichen Resolutionen. Überlegen Sie sich mal, wie schwer das ist, so etwas dem Wähler zu verkaufen.“ Genau wie das WDR-Programm.

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