© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/11 03. Juni 2011

Umwelt
Atompolitik „DDR light“
Volker Kempf

Ob Müllverbrennung, Atomkraft oder Versicherungswirtschaft: Immer findet sich ein Professor, der einen Persilschein ausstellt“, so Uwe Kamenz und Martin Wehrle in „Professor Untat“ (Econ-Verlag 2007). Ähnlich sieht für den Strahlenschutzexperten Sebastian Pflugbeil die Realität aus. Der frühere DDR-Bürgerrechtler sagte im Badischen Tagblatt, was er von der Ethikkommission „Sichere Energieversorgung“ halte: „Gar nichts. Was macht da zum Beispiel der Eon-Chef? Das ist doch kein neutraler Experte.“ Trotz Tschernobyl stünden die Fachleute, „vor allem die in den hochangesehenen Kommissionen“, der Kernkraft äußerst unkritisch gegenüber. Und die Uno-Atomenergiebehörde IAEO, sei die nicht neutral? Nein, deren Satzungsziel sei die Weiterverbreitung der friedlichen Kernenergienutzung, da seien Tschernobyl und Fukushima „imageschädigend“. In vorauseilendem Gehorsam würden hochdotierte Professoren, die unabhängig agieren könnten, sich in der „Kernenergiefrage wie Parteisoldaten“ verhalten.

„Papiere aus der So-wjetzeit, die die Folgen von Tschernobyl konsequent herunterspielen.“

Wissenschaftler, die für die Uno arbeiten, würden die gesundheitlichen Folgen von Tschernobyl vertuschen, indem sie sich auf Papiere aus der Sowjetzeit stützten, die die Folgen herunterspielten. Von der UN-Ebene komme Druck, das Thema der Tschernobyl-Folgen abzuschließen und die „Gruppen der medizinisch überwachten Menschen zusammenzustreichen.“ Dies sei „kriminell“. Das liest sich, als wähne sich hier jemand in einer „DDR light“, in der „Volksverdummung“ betrieben werde. Tatsächlich hatte Pflugbeil schon 2001 das Manifest „Wir haben es satt“ mit unterzeichnet, in dem die Bürgerrechtskritik aus der Wendezeit teilweise auf die Bundesrepublik übertragen wurde. Immerhin: Angela Merkel habe sich nach Fukushima aus wahltaktischen Gründen so weit nach vorne gewagt, daß sie nicht wieder zur alten Position werde zurückkehren können.

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