© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/11 10. Juni 2011

Wenn Geldhäuser zu Pulverfässern werden
Bankenkrise: Aus dem Crash von 2008 wurde nicht gelernt / Je größer ein Geldinstitut ist, desto größer ist das Erpressungspotential gegen den Staat
Thomas Host

Wenn Banken wanken, zittern nicht nur Sparer und Anleger um ihr Geld. Auch die Regierungen sind alarmiert, denn der Crash eines der führenden Geldhäuser kann die gesamte Weltwirtschaft in eine Rezession stürzen. Doch spektakuläre Bankenpleiten gab es schon immer, so der Mainzer Finanzjournalist Michael Brückner.

Er vergegenwärtigt in seinem Büchlein einige Bankinfarkte der Vergangenheit und muß bei der Analyse feststellen: Stets waren die Sparer und Steuerzahler am Ende die Dummen. Neu ist diese Feststellung allerdings nicht, ebensowenig die Warnung vor dem Irrglauben, das Schlimmste sei bereits überstanden. Daß in den USA letztes Jahr mehr als 114 Banken pleite gingen zeigt, daß die Krise längst noch nicht überstanden ist, zumal auch in Europa die Staatsschulden gigantisch hoch sind, sogar weiter steigen, und Risiken weiterhin durch Verbriefung weitergereicht oder bis zur Unkenntlichkeit verpackt werden.

Als eines von vier Beispielen, daß es durchaus Alternativen zur „Bankenrettung“ gab, nennt  der Autor auch das Naheliegendste: ein geordnetes Insolvenzverfahren. Er führt aber nicht weiter aus, welche Folgen das auf die Finanzmärkte gehabt hätte bzw. wie man damit hätte umgehen können, ohne daß es zur Lehman-Panik gekommen wäre. So bleibt das Buch leider an der Oberfläche. Doch die medial verdrängten Wahrheiten können nicht oft genug ausgesprochen werden: Beispielsweise wie die Immobilienblase in Spanien über erzwungene Bankenfusionen zu Finanzinstituten führte, die größer und gefährlicher sind als je zuvor. Je größer die Bank, desto größer das Erpressungspotential, stellt Brückner richtig fest. Banken, deren Bilanzsummen größer sind als das Bruttoinlandsprodukt der Heimatländer, lassen einen erschauern. Daß es auch anders geht, zeigt Kanada: Dort hat man seit 1990 keine größeren Bankenfusionen mehr zugelassen.

Das Fazit des Buches, das für Experten zwar wenig Neues bietet, dafür aber die Problemlage komprimiert und verständlich wiedergibt, ist deutlich: Man hat weltweit nichts gelernt, weil man nichts am Finanzroulette ändern will. So zeigten es auch tatsächlich die sogennanten Stresßtests für Banken, mit denen man das gemeine Volk in Sicherheit wiegen will, während Finanzexperten wissen, daß die ganze EU-weite Prozedur kaum wirkliche Aussagekraft besaß.

Zu guter Letzt weist der Autor noch einmal darauf hin, daß die Erklärung von Kanzlerin Angela Merkel und ihres damaligen SPD-Finanzministers Peer Steinbrück, die Bundesregierung stehe dafür ein, daß die Spareinlagen der Menschen sicher seien, lediglich eine politische Erklärung war – und keine einklagbare Garantie ist.

Das gilt übrigens auch für die Zusagen der seit Jahrzehnten bestehenden Einlagensicherungsfonds der Banken. Es gibt für die Kunden keinen unmittelbaren Rechtsanspruch. Bei einer großen Bankenkrise ist keine volle Deckung garantiert. Immerhin gilt seit 2011 eine neue EU-Verordnung, nach der die Mitgliedsländer zu einer gesetzlichen Entschädigung von 100.000 Euro verpflichtet sind. Das könnte zumindest kleine und mittlere Vermögen schützen. Bis vergangenes Jahr waren nur 50.000 Euro gesetzlich garantiert.

Ob eine Bank dem Einlagensicherungsfonds angehört, erfährt man beim BdB: www.bankenverband.de

Michael Brückner: Banken-Crash. Wenn Geldhäuser zu Pulverfässern werden. Edition Winterwork, Borsdorf 2010, 110 Seiten, broschiert, 12,90 Euro

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