© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/11 17. Juni 2011

Ende einer Geschäftsbeziehung
Kuba: Die Karibik-Diktatur läßt einen spanischen Reporter seit fast einem Jahr in einem Provinzgefängnis schmoren
Michael Ludwig

Ich bin verzweifelt. Am liebsten würde ich mich umbringen.“ Mit diesem Hilferuf wandte sich der spanische Journalist Sebastian Martinez Ferrate an die Redaktion der Madrider Tageszeitung El Mundo, die dieser Tage über den Verbleib ihres früheren Mitarbeiters berichtete.

Der Reporter schmachtet unter unerträglichen Umständen in dem kubanischen Gefängnis La Condesa. In den letzten zehn Jahren hat er unter anderem für El Mundo TV, Telecinco und Antena3 Reportagen in Lateinamerika mit Titeln wie „Frauenhandel“, „Organ-Vampire“, „Kokain: in der Küche der Hölle“ gedreht.

2008 produzierte er auf Kuba einen Beitrag über Jugendprostitution, der noch im gleichen Jahr von Telecinco ausgestrahlt wurde. Die Redaktion von El Mundo war von der Arbeit ihres Kollegen begeistert, lobte seine Sensibilität.

Doch dann der Berufswechsel: Kurze Zeit später wechselte Martinez Ferrate den Beruf und wurde Geschäftsführer eines spanischen Touristikunternehmens. In dieser Eigenschaft flog er am 11. Juli vergangenen Jahres abermals nach Havanna und wurde prompt am Flughafen festgenommen.

Der erste Vorwurf lautete Zuhälterei. Er wurde fallengelassen, doch Martinez Ferrate blieb in Haft. Monatelang geschah nichts. Dann schob die kubanische Staatsanwaltschaft eine zweite Anklage nach, diesmal Kinderschändung. „Ich habe nichts Unrechtes getan. Niemals habe ich mich an einem Kind vergangen, die Anklage entbehrt jeder Grundlage. Das einzige, was ich getan habe, war, eine Reportage zu drehen. Das ist mein ganzes Vergehen“, äußerte er sich gegenüber El Mundo.

Will sich das Regime an dem Autor des unbotmäßigen Fernsehfilms rächen? In seinem Beitrag war zu sehen, mit welcher Leichtigkeit Touristen die Bekanntschaft mit jungen Kubanerinnen schließen können, die nur allzu willig sind, für rund 100 Dollar sexuell zur Verfügung zu stehen. Die Reportage war auch ein Armutszeugnis für die verfehlte Wirtschafts- und Sozialpolitik von Kubas Machthabern.

Auf die Anfrage von El Mundo, wie man eine juristische Hilfe für den einsitzenden Ex-Mitarbeiter organisieren könnte, haben die Verantwortlichen des Konkurrenzsenders Telecinco ausgesprochen unkollegial reagiert. Sie erklärten abweisend: „Wir haben journalistisches Material gekauft und damit endet unsere Geschäftsbeziehung.“

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