© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/11 24. Juni 2011

Euro-Rettungspakte zu Lasten des Steuerzahlers
Politiker sollten haften
Philipp Bagus

In Island muß sich der frühere Staatspräsident vor einem Spezialgericht verantworten. Geir Haarde hatte dem Inselstaat während seines spektakulären Zusammenbruchs vor drei Jahren vorgestanden. Ihm werden grobe Fahrlässigkeit vor und während der Finanzkrise sowie ein Übergehen von demokratischen Institutionen vorgeworfen. Nach dem Kollaps der isländischen Banken 2008 übernahm Haarde im Namen des Staates deren heimische Verbindlichkeiten.

Die Staatsverschuldung des Landes explodierte von 29 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2007 auf 116 Prozent im vergangenen Jahr. Die isländischen Bürger werden noch Jahrzehnte an dieser Last zu tragen haben. Nun muß sich Haarde vor diesen Bürgern gerichtlich für seine Taten im Amt verantworten. Ein einmaliger Fall. Dennoch spricht vieles für ein Haftbarmachen der Politiker.

Erstens ist die Macht, die heutige Politiker angehäuft haben, derart immens, daß Mißbräuche und Fehlgriffe an der Tagesordnung sind. Durch ihre Macht können Politiker Millionen zur Arbeitslosigkeit verdammen, Unternehmen das Leben unmöglich machen, künftige Generation mit Schulden überhäufen oder – jüngstes Beispiel Deutschland – einem Land den günstigen Strom einfach abstellen.

Zweitens sind die Wähler keine Untertanen der Politiker und haben folglich alles Recht der Welt, diese vor Gericht zu stellen, wenn ihre Rechte verletzt werden. Die Regierenden dürfen nicht über dem Gesetz stehen, sondern sollten sich für Fahrlässigkeit – wie jeder andere Bürger auch – verantworten müssen.

Drittens würden sich Politiker, wenn man sie für Fahrlässigkeit im Amt gerichtlich belangen könnte, besonnener verhalten, und ihre Macht wäre beschränkt. Derzeit brauchen Politiker nichts zu befürchten, selbst wenn sie die Zukunft eines Landes regelrecht zerstören. Wenn man unsere Vertreter sanktionieren könnte, würden sie weniger an ihr eigenes Wohl und das ihrer Verbündeten denken, und mehr an die gesamte Bevölkerung.

Wäre es möglich, Politiker haftbar zu machen, hätte Angela Merkel dann im Frühjahr 2010 ein Faß ohne Boden aufgemacht und Deutschland an der Rettung eines Landes wie Griechenland beteiligt, von dem man schon damals wußte, daß es pleite ist? Grob fahrlässig gab sie peripheren Ländern Garantien, die sich nach Schätzung von Hans Werner Sinn auf fast 400 Milliarden Euro belaufen; das ist mehr als ein Bundeshaushalt. Geld, das Merkel selbst nie bezahlen muß, sondern die Steuerzahler. Die Kanzlerin informierte das Parlament unzureichend und setzte sich über den Willen der Bevölkerung hinweg. Wäre es nicht besser, wenn Merkel für ihr fahrlässiges Aufsspielsetzen des Geldes anderer haften müßte? Oder gar Helmut Kohl, der die D-Mark aufgab und durch den die Deutschen in die Euro-Union gezogen wurden? Vielleicht wäre es dann niemals dazu gekommen.

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