© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/11 24. Juni 2011

Hilflose Larmoyanz
Linke Kulturkritik in der Endlosschleife
Markus Brandstetter

Blödmaschinen“ nennen die Autoren Markus Metz und Georg Seeßlen, beides freie Journalisten aus Süddeutschland, diejenigen Mechanismen der Gesellschaft, die Erkenntnis und Kritik dadurch verhindern, daß sie das Leben in Unterhaltung verwandeln. Damit wird unsere ganze Kommunikation zu einer tautologischen Endlosschleife, in der einmal Erkanntes immer wieder gesagt wird. Das verwandelt Argumente in Meinungen, Erkenntnis in Gefühle und eine Gesellschaft, die grundsätzlich intelligent sein könnte, in einen Haufen konsenssüchtiger Deppen.

Da ist durchaus was dran, nur wird diese bescheidene Einsicht dann auf 770 Seiten so lange ausgewalzt, bis schließlich die ganze Welt zur Verdummungsanstalt gerinnt. Das ist weder Systemkritik noch Philosophie, das ist nichts als eine der üblichen kulturkritischen Gardinenpredigten („Wir amüsieren uns zu Tode“), die andere prägnanter und analytischer zustande gebracht haben. Im bekannten Sloterdijk-Ton werden die ewigen Feinde linksintellektueller Lebensunlust – Bild-Zeitung, McDonald’s, Micky Maus, Neoliberalismus, Privatsender, Discounter und natürlich der jeweilige amerikanische Präsident – wieder einmal zu Tode geprügelt. Den Höhepunkt des Buches stellt eindeutig die vernichtende Kritik an der Semiotik des Überraschungseis von Ferrero dar – eine Meisterleistung unfreiwilliger Komik.

Dieser ambitionierte Ziegelstein zeigt recht schön, wie sehr die linke Gesellschaftskritik doch auf den Hund gekommen ist. Versuchen die Autoren trotz ihres fortgeschrittenen Alters am Anfang noch, zeitgeistig cool („Die Klugheit des Systems beruht auf der Dummheit seiner Elemente“) rüberzukommen, weicht diese Attitüde rasch einer gefrusteten Nörgelei, die alles, von der Castingshow über Ikea-Regale bis zum Hamburger, mit dem Mehltau hilfloser Larmoyanz überzieht. Als Kronzeugen für die rhetorischen Rundumschläge müssen die unvermeidlichen linken Neandertaler von Theodor Adorno bis Günter Wallraff herhalten.

Am Schluß möchte man den Autoren, die sich selber so überaus gescheit dünken, eine ihrer eigenen Weisheiten zurufen: „Der Schatten der eigenen Dummheit verfolgt noch den Klügsten.“

Markus Metz, Georg Seeßlen: Blödmaschinen. Die Fabrikation der Stupidität. Suhrkamp Verlag, Berlin 2011, broschiert, 770 Seiten, 25 Euro

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