© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/11 08. Juli 2011

Lockerungsübungen
EU: Solidarität mit allen üben
Karl Heinzen

Die Europäer können aufatmen: Das griechische Parlament hat das Sparpaket der Regierung gebilligt und damit den Weg für weitere internationale Kredite freigeräumt. Beruhigen kann insbesondere, daß die Mehrheit der Abgeordneten, die ihm zustimmten, so hauchdünn ausfiel. Würde es sich tatsächlich um einen nationalen Notstand handeln, hätte sich die Opposition nämlich aus Verantwortung für das Ganze hinter die Regierung gestellt. So konnte sie unter Beweis stellen, daß sie die ihr in einer parlamentarischen Ordnung zugedachte Aufgabe gewissenhaft erfüllt und daher niemand um die Stabilität der demokratischen Institutionen des Landes fürchten muß.

Wie vernünftig es ist, weitere Schulden aufzunehmen, dürften wohl nahezu alle griechischen Politiker begriffen haben. Gelänge es, durch sie die Staatspleite abzuwenden, hätte dies durchaus gewisse Vorteile für das Land. Nicht zuletzt bliebe es kreditwürdig. Allerdings müßten dann die beschlossenen Sparmaßnahmen wenigstens ansatzweise umgesetzt werden. Sollte hingegen der finanzielle Zusammenbruch Griechenlands trotz aller Hilfen unabwendbar sein, hätte man sich wenigstens noch einmal ausgiebig mit Mitteln eingedeckt. Auch für Staaten gilt der aus der Privatwirtschaft bekannte Grundsatz, daß man bei einer sich abzeichnenden Insolvenz noch so viele Schulden wie möglich machen sollte, da diese sowieso nicht mehr zu begleichen sein werden.

Griechenland wird somit, wie immer sich die Lage auch entwickeln mag, seinen Profit aus der Krise und ihrer Überwindung ziehen. Dies ist durchaus im Sinne der europäischen Idee, doch gilt es im Auge zu behalten, daß andere EU-Mitglieder dadurch nicht vor den Kopf gestoßen werden. Der Blick ist dabei nicht auf die übrigen Staaten der Euro-Zone zu richten, die schließlich ihren Nutzen bereits aus einem bloßen Fortbestehen der Gemeinschaftswährung ziehen. Zu würdigen sind vielmehr die Bedürfnisse von EU-Partnern, die den Euro noch nicht einführen konnten, da sie – wie Griechenland von Anfang an – die Kriterien nicht erfüllen. Haushaltsprobleme und Schuldenlasten bedrücken auch Länder, die noch bei ihrer nationalen Währung verblieben sind. Wenn die EU wirklich solidarisch sein will, darf sie ihre Unterstützung nicht auf jene beschränken, die zufälligerweise schon zur Euro-Zone gehören.

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