© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/11 08. Juli 2011

Satzball
Jung, patriotisch, unverkrampft: Das deutsche Damentennis erlebt gerade ein neues „Fräulein-Wunder“
Fabian Flecken

Über zehn Jahre nach dem Rücktritt von Steffi Graf scheint das Interregnum im deutschen Damentennis endlich zu einem Ende zu kommen. Drei junge deutsche Damen rollen den Tennisrasen von hinten auf und präsentieren sich jung, patriotisch, unverkrampft.

Zunächst zur Nummer eins im deutschen Damentennis, der 23jährigen Andrea Petković. Nach ihrer Geburt im bosnischen Tuzla verließ ihre Familie in den Wirren der Balkankriege Anfang der 1990er Jahre ihre Heimat und fand in Darmstadt ein neues Zuhause. Vater Zoran brachte seine Tochter über eine Anstellung als Trainer zum Tennissport. Vom ehemaligen Davis Cup-Spieler Jugoslawiens weiß man, daß er einer Profikarriere seiner Tochter eher ablehnend gegenüberstand. Parallel zum Profisport bestand Andrea Petković ihr Abitur mit der Note 1,2 und nahm ein Studium der Politikwissenschaft auf.

Ihren Studienwunsch begründete die sympathische Athletin mit einem Interesse an dem System des Landes, „das mir so viele Chancen gegeben hat“. Sichtlich wohl fühlt sich die junge Frau im Fed-Cup-Team, der Nationalmannschaft der Damen. Das Besondere sei dabei, daß „man in erster Linie für andere spielt und für 80 Millionen stellvertretend den Schläger schwingt“. Der 5:0-Sieg der deutschen Tennisdamen über die Konkurrenz aus den USA geht nicht zuletzt auf das Konto von Petković, die ihre Siege zumeist mit einer Tanzeinlage feiert. Er ermöglichte die Rückkehr der Frauenmannschaft in die Fed-Cup-Weltgruppe der acht besten Nationen.

Großen Anteil an diesem Triumph hatte auch Sabine Lisicki. Die im rheinischen Troisdorf geborene Tochter deutsch-polnischer Einwanderer sorgte mit ihrem unerwarteten Halbfinaleinzug im Einzel beziehungsweise mit ihrem Finaleinzug im Doppel beim Rasenturnier von Wimbledon für mediales Aufsehen. Die 21jährige verfügt über einen richtigen „Dampfhammer“, einen der härtesten Aufschläge im Damentennis. Die Blondine trainert hauptsächlich im legendären Nick-Bollettieri-Camp in Florida, auch unter ihrem Vater.

Der Historiker Richard Lisicki betonte dabei unlängst die deutschen Wurzeln seiner Familie, denn „ein Teil meiner Familie war deutscher Abstammung, ich bekam die Staatsangehörigkeit als Spätaussiedler. Sabine ist Deutsche – nicht nur wegen der Geburt hier.“ Folgt man der Weltrangliste, dann heißt die zweitbeste deutsche Tennisspielerin Julia Görges.

Sie brachte es wiederum durch ihren überraschenden Sieg beim Stuttgarter WTA-Turnier im April zu einer größeren Bekanntheit. Die 22jährige Norddeutsche gewann beim Fed Cup im Einzel und im Doppel.

Vergleiche mit den Tennis-Idolen der 1990er Jahre – Steffi Graf, Boris Becker und Michael Stich – verbieten sich zwar bis auf weiteres, aber die drei jungen Protagonistinnen des deutschen Damentennis haben die Herrenwelt schon jetzt um Längen überflügelt. Zudem stehen Andrea Petković und Sabine Lisicki mit ihrer Vita für gelingende Integration durch Identifikation, Aufstiegswillen und Wettbewerb. Das ist eine gute Nachricht für Deutschland und eine schlechte für die wild wuchernde Sozial- und Migrationsindustrie hierzulande. Man wird das Fed-Cup-Team unter Führung der Teamchefin Barbara Rittner in den kommenden Jahren wohl noch des öfteren in Schwarz-Rot-Gold jubeln sehen.

 www.dtb-tennis.de

Foto: Blüh im Glanze dieses Glückes: Anna-Lena Grönefeld, Andrea Petković, Sabine Lisicki, Julia Görges und Teamchefin Barbara Rittner (v.l.n.r.)

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