© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/11 15. Juli 2011

Meldungen

Säuglingstests: Abkehr vom Ethnozentrismus

Osnabrück. Mit dem gestiegenen Interesse an der Säuglingsforschung ging die Entwicklung ausgefeilter Untersuchungsverfahren zur Bestimmung kindlicher Kompetenzen einher. Da menschliche Anlagen aber aus Biologie und Kultur resultieren, lassen sich diese Erkenntnisse nicht generalisieren. Denn 96 Prozent der Probanden stammen aus Europa und den USA, sie repräsentieren nur fünf Prozent der Weltbevölkerung. Die Fähigkeiten von Säuglingen etwa aus afrikanisch-bäuerlichen, gemeinschaftlich geprägten Erfahrungswelten sind mit den auf das westliche Modell des „autonomen Subjekts“ ausgerichteten Experimenten daher nicht adäquat erfaßbar. Um diesen „Ethnozentrismus“ zu überwinden, bedarf es, wie Bettina Lamm (Uni Osnabrück) ausführt, einer Neuausrichtung auf kulturvergleichende Forschungen, die sich methodisch auf die Abhängigkeit kindlicher Entwicklung von spezifischen kulturellen Milieus einstellen müssen (Psychologische Rundschau, 2/11). (ck)

 

PTBS: Auslandseinsätze als Erkrankungsrisiko

BERLIN. In der weltweit größten Studie zu diesem Problem hat das Institut für Klinische Psychologie der TU Dresden ermittelt, daß jährlich 300 Bundeswehrsoldaten mit posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) von Auslandseinsätzen heimkehren. Die meisten PTBS-Fälle der 1.488 untersuchten Soldaten gehen auf einen Einsatz in Afghanistan zurück, wo ein sechs- bis zehnfaches Erkrankungsrisiko besteht. Zudem sei mit einer nicht unerheblichen Dunkelziffer zu rechnen. Im positiven Sinn „erstaunlich“ finden die Dresdner Forscher, daß die deutsche PTBS-Rate deutlich niedriger als bei britischen und US-Soldaten ausfalle. Dies erkläre sich aus strengeren Auswahlkriterien, besserer Vorbereitung und kürzeren Einsätzen (Report Psychologie, 6/11). (li)

 

China: Pisa-Erfolg allein durch Drill und Pauken

SCHANGHAI. Das fulminante Abschneiden Schanghaier Schüler in der letzten Pisa-Studie nährte Spekulationen über die „natürliche“ Intelligenz der Chinesen. Mit genetischen Faktoren, so der Bildungsforscher Ke Yu (Shanghai University), habe dies jedoch nichts zu tun. Vielmehr favorisiere Pisa Zöglinge, deren Schulalltag ein Dauertest sei. Solche Konditionierung erkläre auch, warum Chinas Schüler die Mathematikwettbewerbe dominierten, dem Reich der Mitte aber naturwissenschaftlich-technische Köpfe fehlen. Die Erziehung zu unselbständigen „Sklaven des Lernens“ sei tief in der chinesischen Kultur verankert. Der Pisa-Triumph sollte daher zur Korrektur eines Systems führen, dessen Erziehungsziel „servile funktionale Subjektivität“ sei, erzeugt durch „Drill und Pauken“ (Pädagogische Führung, 3/11). (li)

 

Erkenntnis

„Die nahezu allgemeine Verbreitung eines Glaubens beweist nicht, daß er gültig oder auch nur sinnvoll ist, so wenig wie der allgemeine Glaube an Hexen oder Gespenster die Gültigkeit dieser Begriffe bewiesen hat.“

Friedrich August von Hayek (1899–1992), Nobelpreisträger

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