© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/11 22. Juli 2011

Als Feuerwehrmann in der Provinz
Wuppertal: Der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach soll die gespaltene Stadtratsfraktion der CDU retten
Jochen Schmitz

Um diese Aufgabe ist Wolfgang Bosbach nicht zu beneiden. Die CDU in Wuppertal hat den Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Innenausschusses des Bundestags gebeten, als Vermittler in einem „Familienstreit“ tätig zu werden.

Denn die CDU in der 350.000 Einwohner zählenden Stadt im Bergischen Land ist tief zerstritten. Im Mai dieses Jahres hat sich die Fraktion im Wuppertaler Stadtrat gespalten. Neun Mitglieder traten aus und gründeten eine neue Fraktion mit dem Namen „Christlich Demokratische Bürger“. Ein für eine Stadt von der Größe Wuppertals ungeheurer Vorgang. Als Grund nannten die „Dissidenten“ den Führungsstil des langjährigen Fraktionsvorsitzenden Bernhard Simon. Auch die Verwendung der Fraktionsgelder, so sickerte durch, sei nicht immer vorschriftsmäßig verlaufen.

Die dramatische Entwicklung hat längst die Parteiführung in Düsseldorf alarmiert, auch wenn sich Oberbürgermeister Peter Jung (CDU), der sich in der Frage der finanziell klammen Kommunen gegenüber Land und Bund oft als „Rächer der Enterbten“ profilierte, bisher auf die breite Unterstützung durch eine große Koalition aus CDU und SPD stützen konnte. Die Koalition hat eine hauchdünne Mehrheit von nur noch 36 von 70 Stimmen. Regieren dürfte also schwieriger werden, auch wenn die neun Abweichler bisher beteuert haben, sie würden einen Teil ihrer Aufwandsentschädigung weiter an die CDU spenden und die Politik von Oberbürgermeister Jung im Rat weiter stützen.

Doch auch für den angezählten Fraktionsvorsitzenden Simon wird es zusehends ungemütlich. Warum es zur Spaltung kommen konnte, diese Frage dürfte die CDU bis zur nächsten Kommunalwahl beschäftigen. Ob sie sich von ihrer Spaltung erholen wird und die „Abweichler“ – darunter etliche Stadtbezirksvorsitzende der CDU – den Weg zurück in den Schoß der Fraktion finden werden, ist völlig ungewiß. Insbesondere die Vertreter der Mehrheits-Fraktion schütteten unterdessen kräftig Öl ins Feuer. Der Fraktionschef sprach von einem „Schmierentheater“, das ihn persönlich und gesundheitlich schwer mitgenommen habe. Den CDU-Abweichlern, so der frühere Polizist, gehe es nur „um Geld und Macht“. Sein neuer Stellvertreter sekundierte, die Kritik am Führungsstil des Fraktionsvorsitzenden sei haltlos. Von finanziellen Unregelmäßigkeiten bei der Buchhaltung könne keine Rede sein. Insider sind sich mittlerweile einig, daß die Einheit der Fraktion nur wiederherzustellen ist, wenn Simon von seinem Amt als Fraktionsvorsitzender zurücktritt.

Daß es sich bei dieser Affäre auch in den Augen der Düsseldorfer CDU-Führung und des Berliner Konrad-Adenauer-Hauses längst nicht mehr nur um eine Provinzposse handelt, zeigt ein Blick auf die übrigen Akteure. Kritisch beleuchtet wird dabei unter anderem auch die Rolle der beiden Wuppertaler Bundestagsabgeordneten Jürgen Hardt und Peter Hintze, die die Eskalation nicht vermeiden konnten. Ob Bosbach nun als Feuerwehrmann erfolgreich sein wird, ist schon deshalb unwahrscheinlich, weil sich die Kontrahenten in den vergangenen Wochen in den Medien wie die Kesselflicker gestritten haben. Falls man sich nicht annähert, dürfte überdies ein Parteiausschlußverfahren für die „Christlich Demokratischen Bürger“ angestrengt werden. Für die nordrhein-westfälische  CDU, die nach dem Machtverlust in Düsseldorf noch längst nicht wieder Tritt gefaßt hat, eine mehr als unangenehme Vorstellung.

Ein eigentlich für den 13. Juli vorgesehener Kreisparteitag wurde auf Anraten Bosbachs jedenfalls schon einmal auf den 24. September verschoben. Zu groß wäre die „Gefahr“ gewesen, daß sich die sonst so gern beschworene „Basis“ zu dem parteiinternen Hickhack geäußert hätte. Der Kreisvorsitzende Hardt ließ per Pressemitteilung verlauten, „daß der Parteitag nicht zum gewünschten Ausgangspunkt einer Versöhnung“ geworden wäre. Den Spruch „Versöhnen statt spalten“ des früheren Wuppertaler Oberbürgermeisters Johannes Rau interpretieren die Christdemokraten eben in eigenwilliger Manier.

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