© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/11 29. Juli / 05. August 2011

Blick in die Medien
KinoX.to: Zuschauen (noch) nicht verboten
Toni Roidl

Auf jedem deutschen Schulhof kennen die Kinder kino.to. Bis zu vierhunderttausend deutsche Besucher sollen vor ihrer Schließung im Juni täglich auf die Netzseite gegangen sein, um sich Filme, Dokus und Serien kostenlos anzuschauen. Geschätzte Einnahmen durch Abos und Werbung: zwölf Millionen Euro in den letzten zwölf Monaten!

Bezahlsendern wie Sky oder Kinoketten wie Cinemaxx kommen dabei die Tränen. Sie weinen über entsprechende Umsatzeinbußen. Darum schicken sie die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) auf Jagd nach Untergrund-Filmportalen. Doch die kino.to-Betreiber waren gar nicht einfach ausfindig zu machen: Die Seite war auf der Südseeinsel Tonga registriert.

Nun fordern die von Armutsängsten geplagten Filmbosse ein Verbot von „Streaming“-Seiten und des kostenfreien Anschauens. Doch da beim „Streaming“ keine Daten dauerhaft auf dem eigenen Rechner gespeichert werden, steht ein höchstrichterliches Urteil über die Strafbarkeit des Filmguckens noch aus. Ein juristisches Minenfeld.

Längst ist mit kinoX.to eine Klonseite aufgetaucht, die sich ebensolcher Beliebtheit erfreut wie das „Mutterportal“. Während die Staatsanwaltschaft Dresden noch prüft, ob sie auch für die Strafverfolgung des Nachfolgers zuständig ist, sind längst weitere Nachahmer aus dem Netz gesprossen: Von Cine24.tv, Movie2k.com, Online-moviez.com bis Filme-anschauen-kostenlos.de und wie sie alle heißen.

Die strafrechtliche Verfolgung von geschätzten 15 bis 20 Millionen Nutzern monatlich ist eine einfältige Illusion. Die Medienkonzerne haben gewußt, was sie taten, als sie selbst auf die Digitalisierung setzten. Und sie haben gut davon profitiert. Nun brauchen sie über digitale Piraterie nicht zu heulen. Der Kampf gegen Internetsurfer ist mit Verboten nicht zu gewinnen. Entwickelt lieber innovative Angebote zu attraktiven Konditionen.

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