© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/11 29. Juli / 05. August 2011

Haltungsnote
Spanischer Stiefel
Christian Schwiesselmann

Miguel Vicente ist zu bedauern. Während im Nachbarland Baden-Württemberg die gebürtige Türkin Bilkay Öney einem ersten reinen Integrationsministerium vorsteht, bleibt dem gebürtigen Spanier in seiner Eigenschaft als Beauftragter der Landesregierung Rheinland-Pfalz für Migration und Integration die Ministerwürde vorerst verwehrt.

Um so stärker ist die Neigung des 46jährigen Doppelpäßlers ausgeprägt, sich als Lobbyist der Migrationsindustrie zu profilieren. Das Problem stecke schon im Wort „Integration“, behauptete der Diplom-Ingenieur der Physikalischen Technik (FH) kürzlich im Wiesbadener Kurier: „Ich will weg von der Integrationsdebatte, die davon ausgeht, daß diejenigen, die nicht in die Norm der Mehrheitsgesellschaft passen, passend gemacht werden müssen.“

Daß die erfolgreiche Eingliederung in das deutsche Gemeinwesen eigene Anstrengungen – zum Beispiel beim Spracherwerb oder der Akzeptanz hiesiger Normen – voraussetzt, leuchtet dem seit Mai amtierenden Sozialdemokraten nicht ein. Im Gegenteil: Es könne nicht angehen, daß Migranten Anforderungen erfüllen müßten. Vielmehr sollten für sie Barrieren abgebaut werden, kraftmeierte Vicente ins politische Sommerloch.

Den einstigen Chef des Mainzer Ausländerbeirates, der 2004 zum Geschäftsführer des Bundesausländerbeirates (heute: Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat) bestellt wurde, scheint die langjährige Lobbyarbeit realitätsblind gemacht zu haben. So könne man über Integrationsverweigerung und Parallelgesellschaften nur reden, wenn man wie er in einer Parallelgesellschaft aufgewachsen sei. Ketzerische Gegenfrage: Wer kann dann über Suizid reden? Einen Beweis, daß Spanier dauerhafte Parallelgesellschaften in Deutschland bilden, bleibt der „Berufsmigrant“ übrigens schuldig.  

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