© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/11 / 12. August 2011

Stasi-Spitzel im Westen
Man muß es nur wollen
Detlef Kühn

Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, hat an die „Tausend unentdeckten DDR-Spione im Westen“ erinnert, die seine Behörde errechnet hat. Das ist verdienstvoll. Die einseitige Konzentration auf das Unheil, das Mielkes Mannen im Osten anrichteten, ist ein Ärgernis, das in dieser Zeitung schon häufig thematisiert wurde. Um es gleich klarzustellen: Strafrechtlich wären weitere Entdeckungen belanglos. Die Taten sind praktisch immer verjährt. Um so größer ist das historische Interesse. Und wenn es sich um Beamte handelt, wäre sogar disziplinarrechtlich noch etwas zu machen.

Es mangelt aber am Aufklärungswillen. Dabei liegt das Problem nicht beim Bundesbeauftragten, sondern in einer anderen Bundesbehörde, dem Generalbundesanwalt. Diese Dienststelle hat in den neunziger Jahren immerhin 3.000 Strafverfahren wegen Landesverrats eingeleitet, von denen nur 500 zur Anklage führten. Alle anderen Verfahren, bei denen ja die Namen der Beschuldigten bekannt sind, wurden eingestellt, meist wegen Verjährung oder weil die Beweisführung damals nicht hinreichend gelang. Letzteres hat sich durch die Erschließung weiterer Akten in Jahns Behörde deutlich gebessert. Historiker könnten zusammen mit Bundesanwälten und den Mitarbeitern der Stasi-Unterlagen-Behörde noch viele West-Fälle aufklären. Man muß es nur wollen.

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