© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/11 / 26. August 2011

Libyen
Böse Überraschungen
Billy Six

Gaddafi am Ende! Zum wiederholten Male. Seit sechs Monaten schreiben die westlichen und die arabischen Medien gegen den Diktator an. Fluchtpläne? Venezuela, Südafrika, Algerien. Fernsehen und Zeitungen in Deutschland – seit dem Februar-Aufruhr eine Serie von Fehleinschätzungen. Es begann mit dramatisch überzogenen Opferzahlen, als sich die Cyrenaika und Teile Tripolitaniens erhoben. Es setzte sich fort mit Berichten über eine Nato-Intervention, die anfangs viele Menschen vor dem Tod bewahrte – und im Laufe der Zeit immer mehr zur Bedrohung für die Zivilbevölkerung wurde. Und es endete mit der Einschätzung, Muammar al Gaddafi habe nur um seine Pfründe gekämpft.

Tatsächlich war der Mann in erster Linie ein strammer Ideologe. Gaddafis Wohnsitze waren geradezu schlicht und bescheiden im Vergleich zu den babylonischen Palästen Saddam Husseins im Irak. Das Kernproblem der libyschen Tragödie: Die Stämme, Klans und Militärführer entlang der Küste Tripolitaniens mögen noch regimekritisch, ambivalent oder notfalls bestechlich sein. Spätestens im Landesinnern, in Sirt, Jufrah und Sabha, sind Rebellen und Nato mit einem ernsthaften Problem konfrontiert. Die stark archaisch geprägte Bevölkerung dort sieht Gaddafi mehrheitlich als ihren Helden an und hält wenig von „der neuen Zeit“. Es drohen also noch böse Überraschungen.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen