© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/11 / 26. August 2011

Deutschland, Europa und die Welt
Wachsende Unruhe
Klaus Hornung

Wohl selten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs war die Welt politisch so von Krisen und Unruhen geschüttelt wie derzeit. Amerika befindet sich sichtbar im Abstieg mit einer gigantischen öffentlichen Schuldenlast, die vor allem auf die Abermilliarden Dollar zurückgeht, die von den Abenteuern des Präsidenten Bush junior im Irak und in Afghanistan verursacht wurden, aber auch vom Vorhaben seines Vorgängers Clinton, die Amerikaner mit Hilfe einer Politik des billigen Geldes zu einem Volk von Hausbesitzern zu machen.

Die einstige Weltmacht erscheint politisch kaum mehr handlungsfähig. Die Europäer waren nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1990 der Meinung, die Europäische Union zur zweiten Weltmacht machen zu können, insbesondere durch die Errichtung einer europäischen Währungsunion, die sich nun als gewaltig kostenträchtiger Flop erweist. Allenthalben in Europa wächst die Unruhe, man braucht nur etwa auf die Bewegung der empörten Jugend in Spanien zu blicken. Neben die Doppelkrise des Westens ist mit der „Arabellion“ in Nordafrika und im Nahen Osten ein weiterer Krisenbogen hinzugetreten.

Noch ist ungewiß, ob dies wirklich eine demokratische Revolution nach dem Muster Osteuropas vor zwanzig Jahren ist oder auf eine deutliche antiwestliche Spitze hinauslaufen wird. Das beliebte Draufhauen mit Nato-Bombern könnte sich allzu leicht als kontraproduktiv herausstellen. Im gewaltigen Kontinent Afrika schwelen die Krisen fort, verursacht von Dürre- und Hungerkatastrophen ebenso wie von den korrupten Eliten. Die neue Weltmacht China verstärkt Zug um Zug ihren Zugriff auf den Kontinent auf Kosten des Westens. Deutschland könnte vor diesem Hintergrund als eine Insel der Seligen erscheinen. Aber eine gigantische öffentliche Schuldenlast von rund zwei Billionen Euro erlaubt keine günstigen Prognosen.

Noch nie seit 1949 war das Vertrauen in die Parteien so auf den Hund gekommen wie heute. Und die Entscheidungen der Bundeskanzlerin sind den Interessen des selbstherrlichen internationalen Finanzkapitals vielfach näher als denen des kleinen Mannes im eigenen Land. Die Erneuerung unseres politischen Systems an Haupt und Gliedern wäre dringend geboten. Die zweite deutsche Republik steht unter keinem guten Stern.

 

Prof. Dr. Klaus Hornung lehrte Politikwissenschaft an der Universität Hohenheim.

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