© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/11 / 02. September 2011

In Pose geworfen
Egomanie: Fritz J. Raddatz wird am Samstag achtzig
Thorsten Thaler

Gestern Abend bei Grass – erloschen, bitter, an NICHTS außer an sich interessiert, fragt nicht mal höflichkeitshalber, woran man eventuell arbeitet, zeigt Fotos vom portugiesischen Haus (wie ein Mallorca-Rentner seine Dias), (…) In gewisser Weise natürlich tragisch. Aber auch lächerlich in dem paternalen Gehabe, dem ‘Ute, hol mal den Aschenbecher’ und ICH-ICH-ICH-Gerede.“ So notierte es in seinen Tagebüchern (JF 41/10) der Feuilletonist und Literaturkritiker Fritz J. Raddatz über seinen Duz-Freund Günter Grass, den er seit den siebziger Jahren publizistisch begleitet.

Es ist ein Eintrag von unfreiwilliger Komik. Darüber zu greinen, daß im Kulturgehege Egomanie fast schon zur charakterlichen Grunddisposition gehört, ist für jemanden wie Raddatz, der selber seit Jahr und Tag als einer der eitelsten Pfauen darin herumstolziert, amüsant. So erscheint in diesen Tagen anläßlich des achtzigsten Geburtstages von Fritz J. Raddatz am 3. September der Bild-/Textband „Die Tagebücher in Bildern“. Die Fotografien darin zeigen den in Berlin geborenen früheren Cheflektor des Rowohlt-Verlages (1960–1969) und Feuilletonchef der Zeit (1976–1985) mit einer Vielzahl anderer Kulturgrößen vergangener Tage, immer nach dem Motto: „Ich, Raddatz, und die Welt.“

Fritz J. Raddatz: Die Tagebücher in Bildern. Rowohlt, Reinbek 2011, gebunden, 144 Seiten, 19,95 Euro

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