© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/11 / 02. September 2011

Natalie Zemon Davis und die Vorliebe für das Subalterne: Dezentrale Historie
Auflösung fester Strukturen
(fr)

Dezentrierende Geschichtsschreibung“, in der Erfahrungen und Verhaltensweisen eine größere Rolle spielen, erfreut sich innerhalb der Historikerzunft seit langem größter Beliebtheit, obwohl der wissenschaftliche Gehalt wegen der komplexen Bezüge nur schwer herzustellen ist. Kein Wunder, daß die 1928 geborene US-Historikerin Natalie Zemon Davis, die gleichzeitig wesentlich Anteil daran hatte, diese Mode zu kreieren, internationalen Kultstatus genießt. Anläßlich der Verleihung des hochdotierten (umgerechnet 575.000 Euro) Internationalen Holberg-Gedenkpreises hat sie in einem jetzt in deutscher Übersetzung veröffentlichten, autobiographisch getönten Vortrag (Historische Anthropologie, 1/2011) das Anliegen des historiographischen „Dezentralismus“ erläutert. Schon während ihres Studiums in den 1950ern, angeregt durch die Sozialgeschichte der Frauen und der Unterschichten, habe sie ihre „Vorliebe für subalterne Akteure“ zu postkolonialen Studien geführt. Auf diesem Forschungsfeld habe sie die „Auflösung festgefügter Zentren der Geschichte“ erfahren und ihr Bewußtsein für die „multiple Moderne“ geschärft. „Dezentrieren als historische Methode“ lasse die Nation als Bezugspunkt des Historikers genauso hinter sich wie den „Eurozentrismus“ oder die Konzentration auf die „westliche Weltregion“.

www.historische-anthropologie.uzh.ch

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