© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/11 / 09. September 2011

II 9 - Zweifel, Legenden, Spekulation
Auch zehn Jahre nach dem 11. September 2011 verstummen die Einwände an der offiziellen Darstellung nicht. Ein Blick in vier neue Bücher prominenter 9/11-Skeptiker.
Michael Kreuzberg

Jedermann weiß Bescheid, daß am 11. September 2001 fanatische Selbstmord-attentäter der islamischen Terrororganisation al-Qaida die Zwillingstürme des World Trade Centers in einem beispiellosen Anschlag zu Fall brachten. Alle haben den ultimativen Katastrophenfilm gesehen, in dem die gekaperten Flugzeuge zielgenau und mit einem lauten Knall in die höchsten Gebäude New Yorks hineindonnern, welche daraufhin in sich zusammenstürzen wie ein Kartenhaus.

Untrennbar verknüpfen sich die apokalyptischen Bilder mit dem Gesicht eines bärtigen Mannes im weißen Turban mit einem gütigen Lächeln und sanften Augen, dem Gesicht des „Masterminds“ hinter der ruchlosen Attacke, der weltbekannten Haßikone Nummer eins des islamischen Terrors überhaupt: das Gesicht Osama bin Ladens, des saudi-arabischen Kopfes von al-Qaida, der angeblich im Mai 2011 von den Sheriffs Barack Obamas zum Showdown gestellt und erschossen wurde.

Das ist das große Kino, an das sich Millionen Menschen auf aller Welt erinnern. Aber wie steht es um die Dinge, die kaum jemand weiß, die vergessen worden sind? Etwa, daß Osama bin Laden nach der offiziellen Fahndungsliste des FBI wegen einer geraumen Anzahl terroristischer Akte gesucht wurde, nicht aber wegen „9/11“? Daß Osama die Täterschaft von Anfang an bestritten hat?  Daß ein im Dezember 2001 der Öffentlichkeit gezeigtes Video mit schlechter Bild- und Tonqualität, in dem er die Attentate gesteht, vermutlich eine Fälschung ist? Wer erinnert sich noch daran, daß ein drittes, wesentlich kleineres Gebäude des World-Trade-Center-Komplexes ebenfalls schlagartig in sich zusammenstürzte, wenige Stunden, nachdem es Feuer gefangen hatte? Die New York Times ließ im November 2001 Experten zu Wort kommen, die diesen Vorfall als präzedenzlos bezeichneten, da „noch nie ein modernes, stahlverstärktes Hochhaus durch ein unkontrolliertes Feuer kollabiert ist“.

Dagegen sieht der Einsturz auf den Videoaufnahmen exakt so aus, wie die kontrollierte Sprengung eines Gebäudes eben aussieht, und nicht anders verhält es sich bei den Hauptattraktionen des Dramas, den Türmen WTC 1 und 2. Weniger deutlich als an die einstürzenden Riesen erinnert man sich auch an den Anschlag auf das Pentagon und noch schwächer an eine vierte Maschine, die über einem Acker in Pennsylvania abgestürzt sein soll, nachdem beherzte Passagiere versucht hätten, die Entführer zu überwältigen. Über letzteres Ereignis gab es gleich zwei Spielfilme, die jedoch ebenfalls weitgehend vergessen sind. Der Grund ist wohl, daß es im Gegensatz zum Hauptanschlag von New York vom „Pentagon-Crash“ und von „Flug 93“ keine überzeugenden Schockbilder gibt, die sich in das kollektive Unterbewußtsein gebohrt hätten. Angeblich existieren 84 Überwachungsvideos vom Pentagon zur Anschlagszeit, die vom FBI unter Verschluß gehalten werden. Ein einziges wurde 2006 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, auf dem eine Explosion an dem Gebäude zu erkennen ist, aber sonst nicht viel mehr. Bilder vom Tatort zeigen ein großes Loch in der Mauer, aber weit und breit nichts, was nach Flugzeugtrümmern aussieht. Auch Tote sind nicht zu sehen.

Das gleiche gilt für die angebliche Absturzstelle von Shanksville, Pennsylvania. Das einzige Foto des Unglücks zeigt eine Rauchsäule, erinnert an einen Bombenabwurf. Der Mangel an überzeugendem Bildmaterial ist in der Tat mehr als nur merkwürdig, und es sind gerade diese beiden Fälle innerhalb des „9/11“-Gesamtkomplexes, die bis heute als hauptsächliche Einstiegsdroge für jene „Skeptiker“ und „Wahrheitssucher“ („Truther“) dienen, die gerne als „Verschwörungstheoretiker“ tituliert werden.

All dies ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs an Material, das eine Vielzahl an Fragen aufwerfen sollte. In der Tat ist es bei näherer Betrachtung des epochalen Anschlags nicht schwierig, auf die Geleise derjenigen zu gelangen, die erhebliche Zweifel an der „offiziellen“ Version der Geschichte hegen. Der Kreis der „Verschwörungstheoretiker“ und „9/11“-Skeptiker ist inzwischen zu einer Art von alternativem Mainstream angewachsen, der eine erhebliche Anhängerschaft unter Journalisten, Schriftstellern, Aktivisten, Politikern und Fachleuten aller Art, von Piloten bis zu Geheimdienstexperten und Naturwissenschaftlern aufweist.

Sowohl auf der englischen als auch der deutschen Wikipedia finden sich Artikel über die Gegenthesen, die mindestens so lang und ausführlich sind wie jene zur generell akzeptierten Darstellung. Die bedeutendsten Autoren im deutschen Sprachraum sind der professionelle Enthüllungsjournalist Gerhard Wisnewski und der ehemalige taz-Redakteur und Zeit-Kolumnist Mathias Bröckers, die beide bereits im Jahre 2003 voluminöse Bücher vorlegten, die versuchten, das „Lügengebäude“ des 11. September zum Einsturz zu bringen.

Einen Überblick über die wichtigsten Autoren und Theorien liefert das Buch „9/11 – Der Kampf um die Wahrheit“. Pünktlich zum zehnten Jahrestag sind nun zudem erweiterte und überarbeitete Fassungen der Standardwerke des Genres erschienen. Einsteiger wird der Schwindel packen, was ihnen an einer verblüffenden und labyrinthischen Fülle an Fakten, Nachrichten, Hintergründen, Widersprüchen und Zweifeln bisher entgangen ist.

Waren die Täter überhaupt ausreichend ausgebildet, einen solchen Todesflug durchzuführen? Reichte der Einschlag einer Boeing aus, um die Zwillingstürme zum Einstürzen zu bringen? Oder sind sie gesprengt worden? Handelte es sich bei den Todesfliegern in Wirklichkeit um ferngesteuerte „Drohnen“? Wieso gibt es bisher nirgends vollständige und verbindliche Passagierlisten der entführten Flüge? Wie kam es, daß sämtliche Sicherheits- und Abwehrkräfte der USA an diesem Tag so kläglich versagt haben? Diente die von der US-Regierung beauftragte Untersuchungskommission eher Vertuschungs- als Aufklärungszwecken?

Im Aufwerfen von Fragen und der Schulung eines massenmedienkritischen Blicks liegt wohl auch das größte Verdienst von Wisnewski, Bröckers und seinem Koautor Christian C. Walther. Denn darüber, was wirklich passiert ist, können auch sie nur spekulieren.

Einig sind sie sich in der Feststellung, daß die offizielle Schilderung des Tathergangs nicht stimmen kann, und daß es niemals zu „9/11“ hätte kommen können, wären nicht US-Geheimdienste und Militärs in das Projekt verwickelt gewesen, sei es als Mitwisser oder Mittäter.

Den Vorwurf der „Verschwörungstheorie“ kontern die Autoren mit dem Gegenvorwurf, daß die Geschichte mit den 19 mit Teppichmessern bewaffneten Moslems, die auf eigene Faust konzertiert vier Flugzeuge entführt hätten, bei näherer Betrachtung noch viel weniger plausibel ist. 

Am 11. September 2001 begann auch ein Zeitalter eines sich massenhaft ausbreitenden, fast schon paranoischen Mißtrauens gegen die „sekundäre“ Welt der Medien. „9/11“-Skepsis und Kritik ist zugleich immer ein Ausdruck einer – berechtigten – Angst und eines profunden Unbehagens, eines Aufstandes und Widerspruchs gegen die kaum zu überschätzende Macht des „großen Tieres“ (Jean Raspail) der Massenmedien.

 

Die Chronik des 11. September 2001

07:59 Uhr

In Boston startet eine Boeing 767 der American Airlines, Flug 11, mit Kurs auf Los Angeles.

08:14 Uhr

Eine Boing 767 der United Airlines, Flug 175, hebt in Boston Richtung Los Angeles ab. Zeitgleich wird das erste Flugzeug als entführt gemeldet.

08:43 Uhr

Von Washington aus nimmt eine Boing 757 der American Airlines, Flug 77, Kurs auf Los Angeles.

08:46 Uhr

Die Maschine der American Airlines, Flug 11, stürzt In den Nordturm des World Trade Centers (WTC) in New York.

09:03 Uhr

Die Boeing der United Airlines, Flug 175, kracht in den Südturm des WTC. Beide Türme sind 110 Stockwerke hoch.

09:05 Uhr

US-Präsident George W. Bush sitzt in einer Schulklasse in Sarasota (Florida), als Stabschef Andrew Card ihm erste Informationen über die Anschläge ins Ohr flüstert. „Amerika wird angegriffen.“ Bush bleibt wie versteinert sitzen.

09:24 Uhr

Flug UA 93 wird entführt. Die Boeing 757 stürzt später in Pennsylvania ab.

09:38 Uhr

Das Washingtoner Verteidigungsministerium wird Ziel eines Anschlags. Offiziellen Angaben zufolge wird es von der American Airlines, Flug 77, getroffen.

09:59 Uhr

Der südliche Büroturm des World Trade Centers stürzt in sich zusammen.

10:28 Uhr

Der Nordturm des WTC stürzt ein.

13:04 Uhr

Präsident Bush kündigt Vergeltung an: „Die USA werden die Verantwortlichen für die feigen Anschläge jagen.“

17:20 Uhr

Das von den Flugzeugen nicht getroffene Gebäude Nummer 7 des World Trade Centers mit seinen 47 Etagen stürzt ein.

Insgesamt starben bei den Anschlägen etwa 3.000 Menschen.

 

Inside-Job

Die Anschlagsserie – von Regierungen oder Geheimdiensten geplant? Die weitestgehende Skeptiker-These ist die vom Inside-Job, also von der Beteiligung von Behörden, die so einen Kriegsgrund herbeiführen wollten. Für Wisnewski steckt die Bush-Regierung hinter allem.  „Der Terrorismus“ habe ihr als  „Betäubungsmittel für das Volk“ gedient. Bröckers lenkt die Aufmerksamkeit sowohl auf eine Gruppe Israelis als auch auf die CIA. Oder eine „CIA in der CIA“, wie er schreibt. Schreyer hingegen deutet an, daß US-Regierungskreise hinter dem Anschlag stecken könnten. Allerdings nicht George W. Bush persönlich. Dieser sei sogar selbst in großer Gefahr gewesen, ermordet zu werden. Hingegen nennt er die Ex-Außenministerin Madeleine Albright als mögliche Verschwörerin.

 

Sprengung

Das World Trade Center wurde gesprengt und ist deswegen in sich zusammengefallen. Die Skeptiker belegen dies mit Filmaufnahmen von den zusammenstürzenden Hochhäusern – und dem Kollaps des nebenstehenden Gebäudes WTC7, das von gar keinem Flugzeug getroffen worden ist. Bröckers beruft sich neben den Videos auf Augenzeugen und Experten, die Sprengstoffreste im Schutt nachgewiesen haben. Wisnewski liefert eine fertige These, wer die Sprengsätze gelegt haben könnte: Securacom, eine Sicherheitsfirma, die für das WTC und die entführten Fluglinien zuständig war, die Kontakte zur Familie von George W. Bush besaß und sich 2003 in Luft aufgelöst habe. Zudem habe der WTC7-Pächter die Sprengung später indirekt zugegeben, so Wisnewski.

 

Pentagon

Das Pentagon wurde nicht durch ein Passagierflugzeug getroffen. Vom Einschlag gibt es keine öffentlich zugänglichen Videoaufnahmen. Und merkwürdigerweise sind auf den Fotos von der Unglücksstelle keine Flugzeugtrümmer zu sehen, sagen die Skeptiker. Traf also eine Rakete das Gebäude? Schreyer setzt sich nicht weiter mit der Thematik auseinander. Bröckers lehnt diese Theorie ab. Dafür liefert Klöckner gleich zwei unterschiedliche Thesen: Zum einen zitiert er einen „9/11-Truther“, der die Geschichte vom Raketenbeschuß für „ausgemachten Unsinn“ hält. Zum anderen würdigt er die Arbeit des französischen Bestsellerautors Thierry Meyssan, der 2002 die These aufgestellt hat, daß ein Jagdflugzeug ins Pentagon gerast sei. Auf ihn beruft sich auch Wisnewski.

 

Shanksville

Ein Flugzeugabsturz, der keiner war: Flug UA93. Die Boeing 757 wurde von den Terroristen gekapert und sollte ein weiteres Gebäude treffen. Doch dann erhoben sich die Passagiere. Das Flugzeug stürzte bei Shanksville ab. Soweit die offizielle Version. Schreyer weist präzise nach, wie die Beteiligten ihre Aussagen über die Abfangjäger und den Abschußbefehl nachträglich geändert haben. Daß es ein Flugzeug war, das abgestürzt ist, zweifelt er nicht an. Anders Bröckers und Wisnewski: Da es keine Fotos von einem Flugzeugwrack gibt, sondern nur ein Loch im Boden, vermuten sie, daß es eine Bombe (Wisnewski) oder eine Drohne (Bröckers) war, die den Krater hinterlassen hat. Wisnewski beruft sich unter anderem auf den damaligen Bürgermeister von Shanksville.

 

Mathias Bröckers und Christian C. Walther: 11.9. – Zehn Jahre danach, Westend Verlag 2011, broschiert, 320 Seiten, 16,99 Euro

Marcus B. Klöckner: 9/11 – Der Kampf um die Wahrheit. Heise Verlag 2011, broschiert, 212 Seiten, 16,90 Euro

Paul Schreyer: Inside 9/11 – Neue Fakten und Hintergründe zehn Jahre danach. Kai Homilius Verlag 2011, broschiert, 120 Seiten, 8,80 Euro

Gerhard Wisnewski: Operation 9/11 – Der Wahrheit auf der Spur. Knaur 2011, broschiert, 480 Seiten, 12,99 Euro

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