© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/11 / 09. September 2011

Umwelt
E10 und die Bibel
Michael Manns

Die FDP scheint das Matthäus-evangelium zu lesen. Das ist eine gute Idee. „Denkt um!“ rief mit biblischem Pathos FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle vor einigen Tagen. Umdenken? Vielleicht auch Reinigung von Sünden und Buße tun? Um Gottes willen – was war geschehen? Der ertrinkenden Partei steht nämlich der Biosprit bis zum Hals. Sie will das Chaos, das sie mit angerichtet hat, beenden. Wir erinnern uns: Es gab die Aufforderung der Eurokraten aus Brüssel, mit einer neuen Benzinsorte den Klimaschutz zu verbessern. Deutschland, höriger Musterknabe und dressiert in nationaler Selbstentmündigung, preschte vor und verordnete dem Autofahrer die Biobrühe. Die Kritik kam umgehend: Eine widersinnige, teure und unvernünftige Aktion, ein Verbrechen an Mensch und Umwelt. Denn die Nahrungsmittelproduktion werde gefährdet.

Doch den Bürger, den man nach dem Weltbild der Herrschenden zum Glück zwingen muß (weil er so dumm ist, die Politiker aber schlau), bockte. Die Folgen sind seit Monaten bekannt: Nur etwa jeder zehnte, der an der Zapfsäule Benzin in sein Auto füllt, tankt E10. Die Schreibtischstrategen hatten aber Absatzquoten von bis zu 90 Prozent anvisiert. Vorgesehen sind jetzt Strafzahlungen für die Spritkonzerne. Die wiederum  sollen auf den Autofahrer abgewälzt werden. Noch als Wirtschaftsminister hatte Brüderle im März begleitet von großem Tam-Tam den E10-Gipfel zusammen mit Röttgen veranstaltet. Dort schwadronierten die Experten vom neuen Benzin-Zeitalter. Nun heißt es zerknirscht, die erwarteten und angemeldeten Ergebnisse seien ausgeblieben. CDU-Umweltminister Norbert Röttgen soll ein neues Konzept vorlegen, so die FDP-Forderung. Was soll da bloß rauskommen bei dieser irrlichternden deutschen Politik? Wem soll man was noch glauben, wenn selbst ein Mea culpa noch Übelkeit hervorruft?

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