© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/11 / 16. September 2011

Schweizerische Nationalbank setzt Höchstgrenze für den Franken
Währungsverzweiflung
Thomas Ramb

Die Schweizer sind betrübt. Zu viele in der Welt wollen ihren Franken, weil sie dem Euro nicht mehr über den Weg trauen und ihre Geldreserven retten wollen. Die Schweiz ist nahe und ein angenehmes Land zum Überleben in unruhigen Zeiten. Je mehr Franken aber gekauft werden, um so ungünstiger wird der Wechselkurs. Devisenpreise verhalten sich letztlich wie Warenpreise. Anfang 2008 war ein Schweizer Franken noch für 60 Euro-Cent erhältlich, im August war der historische Höchstbetrag von 97 Euro-Cent zu zahlen.

Die Schweiz lebt vom Export hochwertiger Waren und vom Tourismus. Ein teurer Franken lähmt natürlich die Kauf- und Urlaubsfreude. Die Verzweiflung der Unternehmer und Hotelmanager über den impliziten Preisanstieg von mehr als 50 Prozent führte nun zur Verzweiflungstat der Schweizerischen Nationalbank (SNB), den Devisenkurs durch Euro-Aufkäufe mit Gewalt herunterzudrücken. Dazu wird die berühmte Gelddruckmaschine angeworfen, wenn auch nicht unbedingt im wörtlichen Sinne. Die Notenbank kauft Euro-Devisen und schleust damit zusätzliche Franken in den Finanzmarkt ein.

Jede Geldmengenausweitung, die nicht durch ein Mehr an Gütern und Dienstleistungen erforderlich ist, vergrößert das Inflationspotential. Die Schweizer wollen also ihre Exportwirtschaft und ihren Tourismus durch eine allgemeine Inflation ankurbeln. Eine direkte Subventionierung der betroffenen Wirtschaftssektoren wäre effizienter, aber auch als Wirtschaftseingriff offenkundiger. Die Schamhaftigkeit wird teuer, vor allem für die Schweizer, die nicht vom Tourismus oder vom Warenexport leben. Zudem bleibt fraglich, ob der künstlich verbilligte Franken den ausländischen Warenkäufern oder Urlaubern ausreicht, um die aus Euro- und Dollarsicht (zum Yen liegt der Kurs auf dem Niveau von 2006) erhöhten Schweizer Preise zu finanzieren.

Die Schweizer Wechselkursmanipulierer setzten aber noch eins drauf. Sie wollen den Kurs nicht nur nach unten drücken, sondern sogar ein bestimmtes Niveau erreichen. Mindestens 1,20 Franken soll ein Euro kosten oder umgekehrt, ein Schweizer Franken darf nicht mehr als 83,33 Euro-Cent wert sein. Die SNB interveniert also so lange auf dem Devisenmarkt, bis dieser Wechselkurs erreicht ist. Warum aber ausgerechnet 1,20 Franken für einen Euro? Weil das eine so schöne, vielleicht sogar magische Zahl ist?

Märkte, vor allem Finanzmärkte, pflegen keine Zahlenästhetik. Wenn schon 1,20 Franken pro Euro, dann konsequenterweise Preisgabe des flexiblen Wechselkurses und staatliche Fixierung mit Devisenkontrolle. So bleibt das Ganze eine groteske Kurzschlußhandlung mit der Botschaft an den Markt: Kauft jetzt massenhaft Schweizer Franken zum subventionierten Euro-Preis. Die Differenz zum Marktpreis schenkt euch die Schweizerische Nationalbank.

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