© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/11 / 16. September 2011

LOCKERUNGSÜBUNGEN
Eine Schlacht ist geschlagen
Karl Heinzen

Der New York Times zufolge sollen chinesische Firmen versucht haben, das gegen das Gaddafi-Regime verhängte Waf- fenembargo zu umgehen. Sie scheint sich dabei auf Informationen der siegreichen Rebellen zu stützen, die behaupten, entsprechende Dokumente sichergestellt zu haben. Aus ihnen ginge hervor, daß Gaddafis Streitkräften noch im Juli Waffen im Wert von 200 Millionen Dollar angeboten worden seien. Die Regierung in Peking hat dies dementiert. Sie räumte allerdings ein, daß sich Vertreter des wankenden Regimes ohne ihr Wissen um einen Kontakt zu chinesischen Rüstungsunternehmen bemüht hätten. Es sei jedoch weder zu Vertragsabschlüssen noch gar zu Lieferungen gekommen.

In der Tat ist es höchst unwahrscheinlich, daß China durch ein derart plumpes Vorgehen das Risiko eingegangen sein könnte, sich in der Staatengemeinschaft zu isolieren. Zwar folgt Peking in seiner konservativen Außenpolitik der Maxime, Machthabern in Partnerländern die Treue zu halten, selbst wenn sie international geächtet sein mögen. Allerdings ist man zugleich bemüht, sich keine Blöße zu geben und bei einem Konflikt auf der Seite der Sieger zu stehen.

Die Fakten allein können für den Westen aber nicht maßgeblich sein. Es stellt sich für ihn nämlich die Frage, wie er seiner Parteinahme in einem innerlibyschen Konflikt wenigstens nachträglich einen höheren Sinn als ein gewachsenes Ansehen des französischen Staatspräsidenten abgewinnen kann. Nun könnte ihm eine Antwort einfallen: Alle Welt redet von knapper werdenden Ressourcen und Verteilungskämpfen der Zukunft. Vielleicht hätten die Europäer hier, ohne daß es ihnen so recht bewußt geworden wäre, eine erste Schlacht geschlagen – und dies mit Erfolg!

Seit Jahren werden sie schließlich auf dem vor ihrer Haustür liegenden und daher doch eigentlich ihnen zustehenden afrikanischen Kontinent durch die Chinesen düpiert, die sich mit Geschick und ohne Skrupel Zugang zu seinen Rohstoffquellen verschafft haben. Auch aus Libyen bezogen sie bislang drei Prozent ihres Ölbedarfs, und man sollte nun, Tatsachen hin, Tatsachen her, die Chance nutzen, ihnen den Hahn zuzudrehen. Ein Zurückdrängen Chinas in Afrika: Dies könnte das lang gesuchte Ziel einer zukunftsorientierten Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäer sein.

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