© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/11 / 16. September 2011

Umwelt
Waldraub ohne Ende
Michael Howanietz

Dieses Jahr wurde mittels der UN-Resolution 61/193 zum „Internationalen Jahr der Wälder“ erklärt. Deutschland steht im weltweiten Vergleich gut da: Die Waldfläche hat in den vergangenen Jahren leicht zugenommen. Über 30 Prozent der Fläche sind mit größtenteils intakten Wäldern bedeckt. Die bis 2012 laufende dritte Bundeswaldinventur läßt zufriedenstellende Ergebnisse erwarten. Weltweit gehen die Waldflächen hingegen rapide zurück. Von den vier Milliarden Hektar Wald werden jährlich über 13 Millionen Hektar dauerhaft vernichtet. Das ist in vielerlei Hinsicht dramatisch. So stellt der Wald den Lebensraum für zwei Drittel aller Tier- und Pflanzenarten dar. Durch Waldzerstörung gehen pro Tag durchschnittlich hundert Arten verloren. Der fortgesetzte Waldraub steht aber auch dem Erhalt der Lebensqualität entgegen.

Die „Grüne Lunge“ des Planeten ist, weit mehr als ein Schlagwort, eine Metapher der Leben erst ermöglichenden, vermittels Chlorophyll vollzogenen Umwandlung von Kohlendioxid in Sauerstoff. Die Beschneidung der irdischen Lungenflügel erfolgt im Zuge des Siedlungs- und Straßenbaus, der Errichtung neuer Industrieanlagen, vor allem aber durch die Gewinnung neuer Agrarflächen, um Ölbaumplantagen oder Futtermittel zur Viehmast anbauen zu können. Gebraucht wird derzeit weder das eine noch das andere. Ist es im Bereich der Biotreibstoffe (Stichwort E10) die ökonomische wie ökologische Ineffizienz, zeigt im Nahrungsmittelbereich die ungenutzt weggeworfene Menge an Lebensmitteln, daß weniger ein Kapazitäts- als vielmehr ein Verteilungsproblem besteht. Diesem wird aber denklogisch nicht durch weitere Überproduktion beizukommen sein. Viele Wälder sterben also ohne jeden Mehrwert, sieht man von den Gewinnzahlen einiger weniger davon profitierender Industrien ab. Das Jahr der Wälder wird daran nichts ändern.

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