© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/11 / 23. September 2011

Volksverhetzungsparagraph 130 Strafgesetzbuch: Karlsruhe in der Kritik
Aufmucken gegen Meinungssonderrecht
(wm)

Gleichermaßen an „herrschenden Meinungen“ orientiert, unterliegen Justiz und Rechtswissenschaft erheblichem Konformitätsdruck. Es bedeutet daher viel, wenn der Nachwuchs, der „noch was werden will“, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) heftig kritisiert. So geschehen 2010 in Reaktionen auf den BVerfG-Beschluß vom November 2009, der den Paragraphen 130, Absatz IV, Strafgesetzbuch, der die „Rechtfertigung der NS-Gewalt- und Willkürherrschaft“ kriminalisiert, für verfassungskonform erklärte (Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, 2-2011). Das BVerfG habe sich mit dieser „Sonderdogmatik ausschließlich für rechtsradikale Verfassungsfeinde“ in eine „rechtsstaatliche Schieflage“ gebracht und somit das Tor zur politischen Justiz weit aufgestoßen. Privatdozent Christoph Görisch (Bielefeld), der die Debatte über das statuierte „verfassungskonforme Meinungssonderrecht“ resümiert, schlägt sich im Ergebnis zwar auf die Seite der Karlsruher Richter, räumt aber irritierende Momente in deren Begründung ein. Rekurriert diese doch auf die Staatsraison der Bundesrepublik als „Gegenentwurf“ zum NS-System. So soll das allein gegen die Verklärung des NS-Systems gerichtete Sondergesetz des einschlägigen StGB-Paragraphen gerechtfertigt sein und gelte deshalb auch nicht für das linkstotalitäre DDR-Regime. www.nomos.de

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