© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/11 / 23. September 2011

Frisch gepresst

Rechtskultur. Der Staatsrechtler und Grundgesetz-Kommentator Ingo von Münch, Jahrgang 1932, leistet sich den in seinem Metier eher karriereschädlichen Luxus des Selbstdenkens nicht erst seit seiner Emeritierung. Der aufklärerische Mut, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, hat den unbequemen Juristen, der als ehemaliger Hamburger Wissenschaftssenator auch über eine gehörige Portion politischer Erfahrung verfügt, schon immer ausgezeichnet. Aber ein markantes Profil als öffentlicher Intellektueller, als ein sich gegen das Bundesverfassungsgericht und andere zur Gesinnungsjustiz „gegen Rechts“ neigende Spruchkörper in Stellung bringender Verteidiger der Geistes- und Meinungsfreiheit, erwarb sich der FDP-Mann erst seit der Wiedervereinigung. Von Münch versammelt dreißig seiner von 1991 bis 2010 durchgehend in juristischen Fachzeitschriften etwas „versteckten“ Einsprüche gegen totalitäre Versuchungen des bundesdeutschen „liberalen Rechtsstaats“ nun in einem bequem greifbaren Sammelband. Er schließt ab mit seinem aktualisierten Glanzstück über den ewigen „Aufstand der Anständigen“. Vor allem unserem juristischen Nachwuchs können von Münchs Einübungen in den aufrechten Gang bestens empfohlen werden. (ob)

Ingo von Münch: Rechtspolitik und Rechtskultur. Kommentare zum Zustand der Bundesrepublik. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2011, broschiert, 264 Seiten, 39 Euro

 

Polen. Auch wenn die Mythisierung der polnischen Geschichte als „nationaler Opfergang“, wie sie im Milieu des nationalkonservativen Politikers Jarosław Kaczyński Konjunktur hat, bei den Intellektuellen jenseits von Oder und Neiße kaum mehrheitsfähig ist, ist doch bemerkenswert, inwieweit das historische Gedächtnis die Arbeit der „jungen Perfomer“ in Danzig, Warschau oder Krakau beeinflußt. Das vom Darmstädter Deutschen Polen-Institut herausgegebene Jahrbuch Polen porträtiert das Kulturmilieu in mehreren, teils essayhaften Großbeiträgen. Darin wird die Skepsis gegenüber jeder Form von staatlicher „Kulturpolitik“ deutlich, die sich noch aus unseligen Erfahrungen kommunistischer Zeit speist. Allerdings führte das auch dazu, daß – wie so häufig in Osteuropa – nicht die geistig Kreativen, sondern eher die „Leute mit business“ den gesellschaftlichen Takt vorgeben. (bä)

Andrzej Kaluza, Jutta Wierczimok: Jahrbuch Polen 2011. Kultur. Deutsches Polen-Institut (Hrsg.). Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2011, broschiert, 235 Seiten, Abbildungen, 11,90 Euro

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