© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/11 / 30. September 2011

Papstrede im Bundestag
Demütiger Diener der Wahrheit
Norbert Geis

Selten hat ein Papst ein Land besucht, in dem ihm soviel Skepsis, ja Ablehnung begegnet ist, wie dem deutschen Papst in Deutschland. Das Fernbleiben von Mitgliedern der Linken, der Grünen und der SPD bei seiner Rede im Bundestag ist dafür Hinweis genug. Jetzt, nach seinem Besuch, überschlagen sich die Kritiker erneut mit ihren Kommentaren.

Was haben die Kritiker innerhalb und außerhalb der Kirche vom Papst erwartet? Daß er kommt und ihre Wünsche von ihren Lippen abliest? Daß er die Enzyklika Pauls VI. zur Empfängnisverhütung einfach vergessen macht? Daß er die Kirche als Sahnehäubchen über den faulenden Erdbeerkuchen unserer Wohlstandsgesellschaft legt? Wer solche Erwartungen hatte, wurde enttäuscht. Daß entscheidende Schritte in der Ökumene erfolgen würden, davon sind beide Seiten nicht ausgegangen.

Der Papst ist auch nicht gekommen, um nach den jahrelangen Anfeindungen gegen ihn und die Kirche in Deutschland nach allen Seiten hin um Sympathie zu werben. Er ist als demütiger Diener Gottes gekommen und hat Zeugnis abgelegt. Er hat mit Hilfe des Heiligen Geistes viele Menschen in ihrem Innersten berührt und sie in ihrem Glauben bestärkt. Er hat die Wahrheit nicht als süßes Bonbon angeboten.

Dies wurde nochmals klar in seiner letzten Ansprache zum Abschluß seines Besuches, als er um ihrer Sendung willen die „Entweltlichung“ der Kirche forderte. Dies erinnert an das zweite Kapitel des Johannesbriefes, daß die Christen sich nicht mit dieser Welt gemein machen dürfen, aber auch an das dritte Kapitel dieses Briefes, in dem es heißt, daß Gott die Welt liebt.

Also heißt die „Entweltlichung“ nicht, daß sich die Kirche in ein Ghetto zurückziehen soll. Im Gegenteil. Um auf die Welt zugehen zu können, um sie verwandeln zu können, muß die Kirche frei sein von zuviel weltlichem Ballast.

Wir Menschen wollen wohnen und besitzen, wollen essen, trinken und genießen und Ehre haben. Dabei richten wir uns in dieser Welt ein und verlieren bei aller Vernünftigkeit dieses Strebens den Blick für das Unendliche. Die Kirche gehorcht einer anderen Logik. Sie muß die Wahrheit verkünden. Das ist ihre Sendung. Für diesen Auftrag lebt unser Papst. Wir dürfen Gott danken für diesen Papst.

 

Norbert Geis, CSU, ist Rechtsanwalt und seit 1987 Mitglied des Deutschen Bundestages.

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