© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/11 / 30. September 2011

„Aggressiv-kämpferisch“
Verfassungsschutz: Bundesinnenminister Friedrich verbietet rechtsextreme Hilfsorganisation
Felix Krautkrämer

Es kommt nicht häufig vor, daß Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich von der Opposition Applaus erhält. Doch mit dem Verbot der rechtsextremen „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige“ (HNG) (Kommentar Seite 2) in der vergangenen Woche konnte sich der CSU-Politiker der Zustimmung von Linkspartei und Grünen sicher sein. Das Verbot sei eine „wichtige Maßnahme gegen den organisierten Rechtsextremismus“, lobte die Grünen-Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus, Monika Lazar. Auch Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion und eine der schärfsten Kritiker Friedrichs, sprach von einem „berechtigten und notwendigen Schritt“.

Überraschend kam das Verbot der 1979 gegründeten Organisation nicht. Bereits vor einem Jahr war es auf Veranlassung von Friedrichs Vorgänger Thomas de Maizière (CDU) zu einer Razzia gegen die rund 600 Mitglieder starke HNG gekommen. Innenstaatssekretär Klaus-Dieter Fritsche kündigte damals an, man werde sorgfältig prüfen, ob sich der Verdacht bestätige, daß sich die HNG „in aggressiv-kämpferischer Weise gegen die verfassungsmäßige Ordnung“ richte. Immerhin gehe es der Organisation bei der Betreuung und Unterstützung von sogenannten „nationalen Gefangenen“ nicht um die Resozialisierung von Straftätern und deren Wiedereingliederung in die Gesellschaft, sondern um die Verfestigung ihrer nationalsozialistischen Gesinnung. Ähnlich äußerte sich nun auch Friedrich: Die HNG bestärke inhaftierte Rechtsextremisten in ihrer aggressiven Haltung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und fördere damit die rechtsextremistische Szene. „Dem galt es, mit den Mitteln der wehrhaften Demokratie wirksam entgegenzutreten“, sagte Friedrich.

Daß sich die gleichen Vorwürfe auch nahezu identisch gegen das linksextreme Pendent der HNG, die „Rote Hilfe“, erheben ließen, erwähnte Friedrich dagegen nicht. Offenbar scheut der Innenminister ein entsprechendes Vorgehen gegen die linksextremistische Gefangenenhilfsorganisation. Schließlich verfügt die Rote Hilfe von der Linkspartei über die Grünen bis in die SPD hinein über prominente Unterstützer und zählt laut Verfassungsschutz annähernd zehn Mal soviel Mitglieder (5.400) wie die HNG.

Die einseitige Fokussierung auf den Rechtsextremismus hat in Deutschland Tradition. So wurde in den vergangen zwanzig Jahren nicht eine einzige inländische linksextreme Organisation verboten. Lediglich gegen ausländische Gruppierungen wie die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) oder die Türkische Volksbefreiungspartei-Front gingen die Behörden vor. Mit der HNG traf es nach der Heimattreuen deutschen Jugend (2009) und dem Collegium Humanum (2008) dagegen bereits die elfte rechtsextreme Organisation seit 1990.

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