© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/11 / 14. Oktober 2011

Im Namen der Chancengleichheit: „Defamilisierung“ von Bildung
Dressur für globale Wissensökonomie
(wm)

Welches Menschenbild in Expertisen der Bertelsmann Stiftung mit Titeln wie „Volkswirtschaftlicher Nutzen von frühkindlicher Bildung in Deutschland“ steckt, darüber ist nicht lange zu rätseln. Hier stehe, so kritisiert die Religionspädagogin Veronika Spanke (Theologie und Glaube, 101-2011), das gesellschaftliche Verwertungsinteresse von Bildung im Vordergrund, das schon die Kleinsten für den Überlebenskampf in der „globalen Wissensökonomie“ dressieren wolle. Das erkläre die frühkindliche Erfassung, die Konzentration auf die Ausbildung kognitiver Fähigkeiten, den Umbau der Schulstruktur hin zu Ganztags- und Gemeinschaftsschulen. Ein totale Mobilmachung, die sich im Namen der „Chancengleichheit“ vollzieht. Familiäre Bildung werde dabei, da Ungleichheit produzierend, möglichst früh zurückgedrängt. Eine Strategie der „Defamilisierung“ von Bildung, die tatsächlich aber Ungleichheiten verfestige. Denn die nicht formalisierbaren, schulergänzenden Bildungsleistungen wie Spracherwerb, Lernbereitschaft oder Aufmerksamkeit würden weiter in der Familie erbracht, die dem Kind zudem durch „emotionale Bindungserfahrungen“ einen festen Halt gebe. Wer Chancengleichheit wolle, müsse daher die „sozialisatorische Kraft“ des „Bildungsortes Familie“ ökonomisch stärken und nicht schulische Scheingleichheiten schaffen. (wm) www.theologie-und-glaube.de 

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