© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/11 / 21. Oktober 2011

Alle gegen eine
Schweiz: Bei den Parlamentswahlen setzt die rechtsbürgerliche SVP auf Sieg
Frank Liebermann

Wer die Bedeutung der Wahl der Bundesräte, heißt der Regierungsmitglieder im Jahr 2011 begreifen möchte, muß einen Blick zurück in die letzte Legislaturperiode werfen. Der Beginn der neuen Regierung war durch eine Intrige geprägt. Doch was war geschehen? Ein Geheimplan der Sozialdemokratischen Partei (SP) und der Grünen, mit einigen Überläufern aus der Christlichen Volkspartei (CVP) und der Freisinnig Demokratischen Partei (FDP), schaffte es, den Wahlgewinner Christoph Blocher von der Schweizerischen Volkspartei (SVP) als Bundesrat zu verhindern. Er erhielt im entscheidenden Wahlgang weniger Stimmen als Evelyn Widmer-Schlumpf, die ebenfalls aus der SVP stammte. Da diese aber keine offizielle Kandidatin war, wurde sie wenig später aus der Partei ausgeschlossen.

Das rot-grüne Bündnis konnte seine Freude nicht verhehlen. Widmer-Schlumpf gründete daraufhin die Bürgerlich Demokratische Partei (BDP) als eine Abspaltung der SVP: Da sich die SVP nicht ausreichend stark in der Regierung vertreten fühlte, kündigte sie einen harten Oppositionskurs an – ein absolutes Novum in der Schweizer Geschichte. Da aber viele SVP-Politiker diesen Kurs nicht mittrugen, stand die Partei vor einem Scherbenhaufen. Die gesamte Amtsperiode war von Mißtrauen zwischen den Bundesräten geprägt.

Christoph Blocher ist zwar nicht mehr Parteichef der SVP, aber immer noch ihr prominentester Vertreter. Mit dem Slogan „Schweizer wählen SVP“ zogen die Konservativen in die Wahl. Alle Schweizer? Nein, sicher nicht. Es gibt ein breit angelegtes Bündnis aller anderen Parteien, die erneut einen Erfolg der SVP bei der Parlamentswahl am 23. Oktober verhindern wollen. Blocher kandidiert als Ständerat in Zürich.

Die Zielmarke der SVP ist tief. Von einer Niederlage will Blocher nur sprechen, wenn die SVP nicht mehr die stärkste Partei werden sollte. Da sie rund zehn Prozent Vorsprung auf die Sozialdemokratische Partei (SP) hat, ist dies sehr unwahrscheinlich. Die SVP kann mit dieser Zielmarke immer noch jeden Stimmverlust als Erfolg verkaufen. Damit hat sie sich vom Ziel der 30 Prozent entfernt, das der Parteichef Toni Brunner noch im letzten Jahr verkündet hat. Allerdings zeigen aktuelle Umfragen noch immer nach oben, so daß die SVP trotz der Abspaltung BDP voraussichtlich Stimmen hinzugewinnen kann.

Thematisch spielten die Themen Europa und Ausländer eine wichtige Rolle. Nur die allerwenigsten Parteien äußern sich offen hinsichtlich einer weiteren Öffnung in Richtung Europa. Während sich die ehemaligen Befürworter auf der Linken auffällig ruhig verhalten, versucht die SVP mit einem strikten Antikurs ihre Klientel zu mobilisieren. So soll die Zuwanderung für EU-Bürger zukünftig kontingentiert werden. Mit einer Pro-Europa-Haltung tritt fast niemand auf. Zu heftig sind die Folgen einer falschen Politik auch in der Schweiz wahrnehmbar.

Allerdings planen SP, CVP und Grüne eine institutionelle Anbindung an die EU durch die automatische Übernahme von Gesetzen. Für die Schweizer würde dies massive Veränderungen mit sich bringen, da auf diese Weise die Bestätigung von Gesetzen durch Volksabstimmungen ausgehöhlt würde. Ebenfalls spürbar sind die sozialen Folgen der Einwanderung. Zwar hat die Schweiz noch immer eine niedrige Arbeitslosigkeit, allerdings wirkt sich die Zuwanderung nicht nur auf dem Arbeitsmarkt aus, sondern auch bezahlbarer Wohnraum wird Mangelware. Und obwohl eine Volksabstimmung zur Abschiebung von kriminellen Ausländern angenommen wurde, versuchen weite Teile der Politik die Umsetzung zu verhindern.

Es gibt Vertreter der SVP, die glauben, die nächste Wahl werde mit einer ähnlichen Intrige beginnen wie die letzte aufgehört hat. Ein „Geheimplan Schweiz“ soll weitere Übernahmen von EU-Recht ermöglichen, ohne daß das Volk dazu befragt wird. Wie die SVP darauf kommt? Nur drei Tage nach den Wahlen plant der Bundesrat eine Klausur zum Thema Europa. Daß das Thema zum Gewinnen von Wählern nicht taugt, weiß auch die politische Linke.

Foto: SVP-Chef Toni Brunner und Alt-Bundesrat Christoph Blocher (r.): „Kriminelle Ausländer ausschaffen!“

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