© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/11 / 21. Oktober 2011

Der Euro ist kein Lebensretter der deutschen Exportindustrie
Keine Angst vor der D-Mark
Philipp Bagus

Stellen Sie sich vor, Sie besitzen ein paar Silbermünzen. Wenn der Silberpreis steigt, gewinnen sie an Wert. Nun können Sie die Münzen günstiger gegen andere Werte tauschen. Wäre es nicht unsinnig, ein Fallen des Münzwerts herbeizusehnen? Dies tun die Euro-Befürworter und Gegner einer Wiedereinführung der D-Mark. Sie geben freimütig zu, daß die Neo-Mark gegenüber anderen Währungen an Wert gewinnen würde.

Die DM-Skeptiker fürchten jedoch eine starke Währung, weil sie die deutschen Exporte im Ausland verteuert. Sie suggerieren, eine schwächere Währung sei besser für die Deutschen. Da fragt man sich: Warum nicht gleich die griechische Drachme in Deutschland einführen? Offensichtlich ist es Unsinn zu behaupten, daß die Deutschen davon profitierten, wenn ihre Vermögenswerte –und dazu gehört ihre Währung – im Wert sinken. Der Glaube, der schwache Euro käme der deutschen Wirtschaft zugute, ist ein Mythos, der von Politik und Lobbyisten der Exportindustrie gespeist wird: Ohne Euro würde es starke Abwertungen südeuropäischer Staaten geben, welche sich negativ auf die deutschen Exporteure auswirkten.

Doch Südeuropa verliert ohnehin an Bedeutung für die Exporteure. Der deutsche Exportanteil in die Euro-Zone sank von 45 Prozent im Jahr 2000 auf 40 Prozent heute. Dagegen steigt die Bedeutung von Schwellenländern wie China oder Indien. Auch während der harten DM-Zeiten hat die deutsche Exportindustrie Aufwertungen der Währung immer gut verkraftet – genauso wie die Schweizer oder Japaner, deren Währungen auch oftmals dramatisch aufwerteten. Ebenso behauptete Deutschland seine Exportstärke und baute sie sogar noch weiter aus. Die Abwertungen südeuropäischer Länder steigerten die Innovationsfreudigkeit der deutschen Industrie. Außerdem regt eine starke Währung Kapitalimporte an.

Ein Hartwährungsland zieht Investitionen an. Die neuen Investitionsprojekte schaffen Wachstum und Beschäftigung. Die Kapitalzinsen und somit die Unternehmenskosten sinken. Zudem sind die deutsche Wirtschaft und auch die Exporteure sehr stark auf Importe angewiesen. Durch eine starke Währung werden Rohstoffe (deren Preise dramatisch gestiegen sind) billiger. Die verbilligte Einfuhr der Vorprodukte verringert ebenfalls die Kosten der Exporteure.

Die Marge der exportierenden Unternehmen muß sich durch eine Aufwertung also nicht verschlechtern. Auch die Konsumenten können durch eine stärkere Währung günstiger importieren. Das bei den Importen gesparte Geld kann im Inland ausgegeben werden. Die Inlandsnachfrage wird belebt, was vor allem dem Mittelstand zugute kommt. Die Produktion wird weniger exportiert und mehr im Inland abgesetzt. Insgesamt wird die Volkswirtschaft wohlhabender und dynamischer. Dies kommt auch den Exportweltmeistern zugute – den kurzsichtigen Lobbyisten zum Trotz!

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