© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/11 / 04. November 2011

CD: Blood Axis
Rückblick auf 20 Jahre
Nils Wegner

Ein knappes Jahr nach dem Erscheinen des unverhofften zweiten Studioalbums „Born Again“ (JF 34/10) hat nun das lang angekündigte Blood-Axis-Album „Ultimacy“ das Licht der Welt erblickt. Die Odyssee durch zwanzig Jahre Bandgeschichte vereint, chronologisch rückwärts, in neu abgemischter Form alle Lieder, die Blood Axis als Singles veröffentlicht oder zu Gemeinschafts-tonträgern beigesteuert haben.

Den Reigen eröffnet „The Ride“, in dem die „Wilde Jagd“ der nordischen Mythologie besungen wird. Passenderweise schließt sich hieran die in Fan-Kreisen sehr beliebte, deutschsprachige Gedichtvertonung „Wir rufen Deine Wölfe“ des konservativen Revolutionärs und Freikirchengründers Friedrich Hielscher an. Es folgt mit „Mandragora“ ein besinnlich-märchenhafter Titel des Soloprojektes „Alraune“ von Annabel Lee, Sängerin und Geigerin bei Blood Axis sowie Lebensgefährtin des Bandgründers Michael Moynihan. Ihr Hymnus an die namengebende Alraunwurzel kommt, der sagenhaften Magie der Pflanze entsprechend, sinnlich und transzendent daher – vielleicht der Höhepunkt des gesamten Albums.

Mit einem großen Zeitsprung geht es dann ins Jahr 1997, in dem die Gruppe bei einem Konzert in Schweden erstmals eine Neuinterpretation des jahrhundertealten irischen Königsliedes „The March of Brian Boru“ erklingen ließ. Lees Violine und Moynihans Spiel auf der traditionellen irischen Rahmentrommel Bodhrán verleihen dem Titel trotz der sich wiederholenden Motive Schwung und Elan. Beim folgenden „Follow Me Up to Carlow“ handelt es sich ebenfalls um ein mitreißendes irisches Volkslied.

„Der gefallene Engel“ präsentiert den bedrohlichen Vortrag eines Gedichts des Okkultisten Gregor A. Gregorius, unterlegt mit psychedelischen Geigenschleifen und dem jenseitigen Wimmern eines Theremins. Düster-okkult geht es weiter: Als ein Mantra an Odin erklingt „Herjafather“, während „Bearer of 10.000 Eyes – Lord of Ages“ mit einem Text aus der Feder Rudyard Kiplings die spätrömisch-persische Kriegs- und Sonnengottheit Mi-thras preist. Dazwischen steht die Ballade „The Hangman and the Papist“. Sie schildert das grausame Schicksal zweier Brüder, die sich auf verschiedenen Seiten der konfessionellen Kämpfe in Irland wiederfinden. Beim bombastischen „Electricity“ handelt es sich um eines der beiden allerersten Lieder von Blood Axis, das der Ehrerbietung an Richard Strauss gewidmet ist, inspiriert von einem Text des Ariosophen Lanz von Liebenfels.

Nach „Life“, der traurigen Vertonung eines Décadence-Gedichts, und dem rockigen, von einer schneidenden Einspielung Klaus Kinskis dominierten „Eternal Soul“ im „Germania Mix“ beschließen zwei kontroverse Klassiker das Album: „The Storm before the Calm“, in dem Moynihan zu Donnergrollen, Trauerchören und Klavierspiel Passagen aus Jüngers „Marmorklippen“ vorträgt, und „We Walked in Line“, eine in der Aussage invertierte Joy-Division-Coverversion.

Mit „Ultimacy“ bieten Blood Axis einen empfehlenswerten Querschnitt aller Phasen ihres musikalischen und erkenntnissuchenden Schaffens, getreu dem im Beiheft angeführten Nietzsche-Zitat: „Eine Vorliebe der Stärke für Fragen, zu denen niemand heute den Mut hat.“

Blood Axis, Ultimacy Storm Reccords, 2011 http://bloodaxis.com

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